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Stellungnahmen

DGIV Stellungnahme zur GPVG-Anhörung am 16.11.2020

Nachtrag zur DGIV-Stellungnahme vom 26. 8. 2020 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über ein Versorgungsverbesserungsgesetz (GPVG)

Zur Novelle des § 140a SGB V:

In einer ersten Stellungnahme hat die DGIV am 26. August 2020 den Referentenentwurf des BMG vom 06.08.2020 kommentiert. Angemerkt wurde, dass trotz einiger wichtiger Entwick- lungsschritte und technischer Korrekturen im Detail der Entwurf der Umsetzung des Prinzips der Integrierten Versorgung im deutschen Gesundheitswesen noch nicht die notwendigen Im- pulse zu verleihen vermag. Vor allem fehlt ein grundsätzlicher Wechsel hin zum Ansatz integrierter Versorgungskonzepte als Regelversorgung.

Die damalige Einschätzung wird mit der vorliegenden Stellungnahme bekräftigt. Im Hinblick auf ihre besondere Relevanz sollen folgende Aspekte jedoch nochmals besonders betont werden.

Explizit positiv bewertet die DGIV:

  1. Erweiterung auf nichtärztliche Heilberufe; dies ist eine notwendige Anerkennung ihrerRelevanz für integrierte Versorgungsansätze.
  2. Erweiterung auf andere Sozialversicherungsträger; auch hier erfolgt eine dringend an- gezeigte Annäherung an die Versorgungsbedarfe insbesondere vulnerabler Bevölkerungs- und Patientengruppen.
  3. Exit-Option für erfolgreiche, aber auslaufende Projekte des Innnovationsfonds; zwar wird hiermit keine Lösung des grundlegenden Problems erreicht, die Fortführung erfolgreicher Projekte kann hierdurch jedoch zumindest mittelfristig sichergestellt werden.
  4. Streichung der 4-Jahresfrist zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit; diese hat sich in der Vergangenheit häufig als Hemmschuh erwiesen und eigentlich vielversprechende Projekte verhindert.
  5. Klarstellungen wie zur Option der regionalen Begrenzung und der Möglichkeit der Krankenkassen sich für Beratungs-, Koordinierungs- und Managementleistungen Dritter bedienen zu dürfen; dies entspricht praktischen Erfordernissen, welche die Umsetzung insb. auch strukturverändernder intersektoraler Versorgungsinnovationen in ei- ner Region erleichtern.

Kritisch sind folgende Punkte zu bemerken:

  1. Bei der Erweiterung auf nichtärztliche Heilberufe wird halbherzig agiert; es wäre wünschenswert, den Vertragspartnern hier größere Freiheitsgrade bei Entscheidungen zur Leistungserbringung einzuräumen.
  2. Nach wie vor gibt es keine regelhafte Überführung von erfolgreichen Innovationsfonds-Projekten in die Regelversorgung; zwar wird der Abbruch erfolgreicher Projekte vermieden, das grundlegende Problem des fehlenden Transfers in die Regelversorgung wird jedoch nicht gelöst; es besteht die Gefahr, dass nach Abwendung der akuten Ge- fahr der Handlungsdruck, eine echte Lösung zu finden, weiter abnimmt.
  3. Regionale Modelle der integrierten Versorgung mit Veränderung der Versorgungsstrukturen erfordern i.d.R. Beteiligung (nahezu) aller in der Region vertretenen Kassen. Der- artige regionale „Kollektivverträge“ werden weiterhin explizit ausgeschlossen, was eine große Hürde für strukturverändernde Maßnahmen darstellt; der wettbewerbliche Charakter der Verträge nach §140a SGB V steht dabei in einem Spannungsverhältnis zum Anspruch auch weitreichende integrierte Versorgung substantiell zu fördern. Eine Offenheit für zumindest regionale kollektive Lösungen würde dem Wettbewerbsgedanken nicht grundsätzlich entgegenstehen, da auch weiterhin Selektivverträge mit einzelnen Kassen geschlossen werden können. Vielmehr würde es dem Wettbewerbsgedanken Rechnung tragen, wenn sich besonders erfolgreiche Innovationen auf diesem Wege durchsetzen können. Beim aktuellen Vorschlag bleiben weiterhin große Hindernisse für Modelle wie Primärversorgungszentren, Intersektorale Gesundheitszentren etc. beste- hen.

Abgesehen davon, dass einige zentrale Hürden bestehen bleiben, steht vor allem zu befürchten, dass man sich in einzelnen Details verliert – so hilfreich und notwendig deren Überwindung ist – und darüber der weite Blick für den sich immer deutlicher zeigenden Bedarf an sektorenübergreifenden Versorgungsansätzen (vor allem zur Behandlung und Linderung chronischer Erkrankungen) verloren geht. Bei aller Wertschätzung der positiven Aspekte betont die DGIV an dieser Stelle nochmals den unverändert hohen Handlungsbedarf, zu grundlegenden Lösungen zu gelangen.

DGIV-Stellungnahme zur GVWG-Anhörung am 19.11.2020

Die Deutsche Gesellschaft für Integrierten Versorgung im Gesundheitswesen e.V (DGIV) nimmt zu einzelnen Regelungen des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) wie folgt Stellung:

Stellungnahme zum §39d SGB V (Nr. 12):

Nach anfänglichen Startschwierigkeiten ist die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) seit ihrer Einführung im Jahr 2007 einer der wenigen gut funktionierenden Versorgungsbereiche, in dem auf gesetzlicher Grundlage Heil- und Pflegeberufe unterschiedlicher Qualifikationen und Bereiche konstruktiv und im Team gemeinsame Leitungsangebote erbringen. Sie ist damit einer der wenigen Leistungsbereiche des deutschen Gesundheitssystems, in dem integriert, interdisziplinär, interprofessionell, intersektoral und in einer selbst ge- wählten Teamorganisation Leistungen erbracht und abgerechnet werden können. Die genannten Startschwierigkeiten waren vor allem darauf zurückzuführen, dass die ursprüngliche SAPV-Gesetzgebung die SAPV-Teams dazu gezwungen hat, jeweils einzeln mit den Krankenkassen oder den regionalen Kassenverbänden Verhandlungsgespräche zu führen. Die SAPV ist damit zu einem Wettbewerbsfeld geworden, das gerade für Palliativleistungen nicht angezeigt und für die SAPV-Team oft auch organisatorisch nicht zu leisten ist.

Die DGIV begrüßt daher die nun im GVWG niedergelegten Änderungen ausdrücklich. Sie setzen fest, dass SAPV-Leistungen von den regionalen Kassenverbänden in Zusammenarbeit mit den Kommunen einheitlich und gemeinsam angeboten, koordiniert und finanziert werden müssen. Damit übertragen sie die Organisationsverantwortung an die eigentlich verantwortlichen Strukturen und entlasten die SAPV-Teams von wettbewerblichen und organisatorischen Aufgaben. Mit der jährlichen Fördersumme von max. 15.000 Euro werden organisatorische Aufgaben potentieller SAPV-Teams zusätzlich finanziell flankiert und Weiterbildungsmaßnahmen gefördert. Auch eine Evaluation der Maßnahmen bis zum 31. März 2025 erscheint der DGIV sinnvoll.

Aus Sicht der DGIV sollte allerdings zukünftig intensiv darauf hingearbeitet werden, die bislang isolierten „Inseln“ einer integrierten, interdisziplinären, interprofessionellen und intersektoralen Leistungserbringung zu vernetzen und miteinander in Beziehung zu bringen. Bereits jetzt ergeben sich Berührungspunkte zwischen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung nach § 39d und der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nach § 116b – wobei in der ASV die dort geforderte Teambildung nicht auf weitere, nicht-ärztliche Heilberufe ausgeweitet werden kann. Auch in den bisherigen (und zukünftigen) Disease Management Programmen sind entsprechende Kooperationen nicht in solchem Maße möglich, wie in der SAPV (siehe hierzu auch unsere untenstehende Stellungnahme zum DMP Adipositas). In vielen Bereichen könnte also der Organisation der SAPV ein Modellcharakter zukommen, der auch für die kurativen Leistungsbereiche des SGB V eine Vorbildfunktion haben sollte. Die dringende Anregung der DGIV lautet also, hier für stärkere Stringenz und miteinander verschränkte Versorgungskonzepte innerhalb des gesamten SGB V (und ggf. auch darüber hinaus) Sorge zu tragen.

Stellungnahme zum § 118 Abs. 2 SGB V (Nr. 29):

Die DGIV begrüßt die Integration psychiatrischer und psychosomatischer Institutsambulanzen in die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach §92 Abs. 6. Vor allem bei einer Unterversorgung im ambulanten Bereich wird damit eine Behandlung psychiatrische und psychosomatischer Patienten über die Sektorengrenzen hinweg deutlich erleichtert.

Allerdings gibt die DGIV grundsätzlich zu bedenken, dass auch die ambulante Versorgung in einzelnen Versorgungsbereichen Potentiale hat, stationäre Versorgungslücken zu kompensieren. Es wäre also darauf zu achten, dass zum einen die erweiterten Möglichkeiten psychiatrischer und psychosomatischer Institutsambulanzen nicht dazu führen, bestehende ambulante Versorgungsangebote zu verdrängen und dass zum anderen der ambulanten Versorgung in gleichem Maße Möglichkeiten eingeräumt werden, stationäre Versorgungsdefizite zu kompensieren, wie umgekehrt. Hier sehen wir die Gefahr ein grundsätzlichen Schieflage zu Ungunsten ambulanter Leistungserbringer.

Stellungnahme zum § 136a SGB V (Nr. 34):

Der vorliegende Referentenentwurf zum GVWG sieht vor, „Qualität und Transparenz in der Versorgung durch verschiedene Maßnahmen zu steigern“.

Es ist aus Sicht der DGIV begrüßenswert, dass die Änderungen des § 136a vorsehen, sowohl Qualitätsdaten aus der vertragsärztlichen Versorgung als auch aus den Krankenhäusern im Sinne eines transparenteren, einrichtungsübergreifenden Qualitätsvergleichs intensiver zu nutzen. Besonders lobenswert ist die Betonung auf Allgemeinverständlichkeit.

Jedoch sollte diese Betrachtung die mittlerweile zahlreich vorhandenen intersektoralen Versorgungsformen mit einbeziehen. Für diese liegen zwar häufig wissenschaftliche Veröffentlichungen oder separate Berichte vor. Um langfristig die Regelversorgung in Richtung inter- sektorale Zusammenarbeit zu entwickeln, muss für Patientinnen und Patienten jedoch schnell, zentral und transparent ersichtlich sein, welche Vorteile ihnen z.B. bei der Hüft-Endoprothesen Operation in einem Vertrag nach § 140a SGB V gegenüber der Regelversorgung entstehen.

Dazu sollte mittelfristig ein Rahmenwerk für eine versorgungsformunabhängige und sektorenübergreifende Qualitätsberichterstattung geschaffen werden mit dem Ziel indikationsbezogener Vergleiche zwischen verschiedenen Versorgungsangeboten. Kurzfristig soll- ten sich selektivvertragliche Angebote in den bislang angestrebten Auswertungen freiwillig lis- ten lassen können.

Stellungnahme zum § 137f SGB V (Nr. 39):

Die DGIV begrüßt die geplante Etablierung eines Strukturierten Behandlungsprogramm zur Behandlung der Adipositas. Seit ihrer Etablierung im Jahr 2002 erleichtern so genannte Disease Management Programme (DMP) die interdisziplinäre Kooperation der Leistungserbringer – ausdrücklich auch über die Sektorengrenzen hinweg. Sie können damit zu ei- nem wichtigen Baustein einer zukünftig komplett integrierten Versorgungslandschaft werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Etablierung eines DMP Adipositas zu begrüßen.

Die DGIV gibt aber in diesem Fall zu bedenken, dass die Adipositas-Therapie zu großen Teilen auch nicht-ärztliche Heilberufe umfassen muss. Wir regen daher an, dem Gemein- samen Bundesausschuss in diesem Fall in Erweiterung der Richtlinie nach Absatz 2 ausdrücklich auch die Berücksichtigung anderer nicht-ärztlicher Heilberufe (beispielsweise Ernährungsberatung, Sport- und Physiotherapie) zur Aufgabe zu machen. – Siehe hierzu auch unsere obenstehende Stellungnahme zu den geplanten Änderungen des § 39d SGB V.

DGIV-Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMG vom 06.08.2020 über ein Versorgungsverbesserungsgesetz (GPVG)

Zu Artikel 1 Ziffer 3 Änderung § 140a SGB V:

I.

Die avisierten Änderungen entsprechen nicht im ausreichenden Maße dem Reformbedarf auf dem Gebiet der Besonderen, insbesondere Integrierten Versorgung. Neben Klarstellungen, die aus Ungenauigkeiten bei der Abfassung des Gesetzes erforderlich wurden, wichtigen Entwicklungsschritten wie die Abschaffung der außerordentlichen Wirtschaftlichkeitskontrolle und die Zulassung kassenartübergreifender Verträge werden auch Maßnahmen vorgeschlagen, die als konkrete und nachhaltige Problemlösungen zur tatsächlichen Versorgungsverbesserung fraglich erscheinen. Letztendlich vermag der Entwurf der Umsetzung des Prinzips der Integrierten Versorgung im deutschen Gesundheitswesen noch nicht die notwendigen Impulse zu verleihen, die für eine markante Verbesserung von Effizienz und Effektivität der Versorgung – insbesondere im Schnittstellenbereich von ambulant und stationär – erforderlich sind.

II.

Die Selektivversorgung ist ein wichtiges Experimentierfeld („Labor“) für die Hebung des gewaltigen Effizienzpotenzials im Schnittstellenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung. Auch das BMG will dieses Labor jetzt zusätzlich für die Erprobung von durch insbesondere den Innovationsfonds geförderte Projekte für eine Übernahme in die Regelversorgung nutzen.

Um hier weiter vorankommen zu können, reicht es aber nicht, aus den besonderen ambulanten ärztlichen Versorgungsaufträgen nunmehr besondere Versorgungsaufträge für alle berechtigten Leistungserbringer zu machen. Hier müssen auch die Bestimmungen über eine solche Berechtigung überprüft und weiter liberalisiert werden.

Auch die Selektivversorgung ist immer noch auf die in der Regelversorgung statuierten Versorgungsstrukturen formal angewiesen. Umso wichtiger ist es, dass der Selektivversorgung auch innovative Leistungserbringer zur Verfügung stehen. Das BMG hat bereits deutlich gemacht, dass es es für erforderlich hält, die vertragsärztliche ambulante Versorgung deutlich weiter für die Krankenhäuser zu öffnen. Die Gründe dafür liegen nicht nur im Versuch einer besseren Bedarfsdeckung auf dem Gebiet der ambulanten Versorgung, sondern auch in der Generierung einer Auffanglösung für nicht mehr tragbare Krankenhäuser.

Andere Strukturen wie die belegärztliche Versorgung, die honorarärztliche Zusammenarbeit von Krankenhäusern und nicht fest am Krankenhaus angestellten Ärzten, die praxisklinische Versorgung, das Entlassmanagement oder die ambulante spezialärztliche Versorgung werden im Referentenentwurf nicht weiter entwickelt. Dabei haben hier die Versorgungswissenschaft und nicht zuletzt die Selektivversorgung bereits innovative Entwicklungsoptionen aufgezeigt.

Auch der Referentenentwurf wird von der staatlichen Strategie der weiteren Öffnung der ambulanten Versorgung für die Krankenhäuser in wesentlichen Teilen mitbestimmt. Fragwürdig daran ist allerdings, warum diese Einzelmaßnahme nunmehr zum vermeintlichen „Königsweg der sektorenübergreifenden Versorgung“ hochstilisiert wird, obwohl (auch durch Ergebnisse der Selektivversorgung) noch gar nicht geklärt ist, ob ein solcher Schritt tatsächlich zu der erhofften Versorgungsverbesserung führen wird.

Auch das Modell einer Umwandlung von Krankenhäusern in „Integrierte Gesundheitszentren“ wird auf Regierungsseite wie selbstverständlich von dem Gedanken getragen, dass diese neue Form der weitgehend ambulanten Versorgung in Trägerschaft der Krankenhausträger verbleiben soll. Die Diskussionen um die Trägerschaft „integrierter Notfallzentren“ haben aber bereits deutlich gemacht, dass das ambulante Know-how der Vertragsärzteschaft bei Organisation und Durchführung ambulanter Versorgungsprozesse nicht vernachlässigt werden darf. Besonders die Identität von Inhaberschaft und Berufsausübung ist in der vertragsärztlichen Versorgung die entscheidende Triebkraft für Effizienz und Effektivität des Praxisbetriebes. Vor diesen Erkenntnissen sollte man nicht die Augen verschließen.

III.

Die Feststellung zu a (Absatz 1) bb (Satz 2) auf Seite 24 des Entwurfes „Sektorenspezifische besondere Versorgungsaufträge sind bisher nur in der vertragsärztlichen Versorgung bzw. für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte vorgesehen.“ kann so nicht nachvollzogen werden. Vielmehr lässt das derzeitige Gesetz Versorgungsaufträge zu, die eine integrierte Versorgung oder besondere ambulante ärztliche Versorgungsaufträge unter Beteiligung vertragsärztlicher Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften ermöglichen.

Dieses Beteiligungserfordernis für besondere ambulante Versorgungsaufträge soll jetzt gestrichen werden, in dem nur noch von besonderen Versorgungsaufträgen die Rede ist, die allen berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften offen stehen sollen.

„Berechtigung“ oder „Zulassung“ darf nicht mit „Leistungsfähigkeit“ gleichgesetzt werden, da hierfür andere Kategorien – insbesondere der Bedarfsplanung – zur Statusbestimmung herangezogen werden. Es kann nicht überzeugen, wenn der Gesetzgeber einerseits den Leistungserbringern hinsichtlich ihrer fachlichen Qualifikation und der damit verbundenen Leistungsbefähigung durchaus grundsätzlich die Berechtigung zur statusübergreifenden Leistungserbringung einräumt, andererseits jedoch immer noch die Berechtigung zur Vertragsteilnahme davon abhängig macht, dass die Leistungen gemäß Versorgungsauftrag mindestens vom Zulassungs-, Ermächtigungs- oder Berechtigungsstatus eines am Vertrag teilnehmenden Leistungserbringers gedeckt seien muss.

Es sollte in Zukunft allein im Ermessen der Kassen als den die Versorgungsaufträge ausreichenden Vertragspartnern liegen, inwieweit die Leistungserbringung in der Besonderen Versorgung auch unter Abweichung vom Zulassungsstatus der Leistungserbringer erfolgen darf. Das gilt umso mehr, als besondere Versorgungsaufträge von den Kassen auch in zweiseitigen Verträgen an nur einen Leistungserbringer ausgereicht werden können.

IV.

Die DGIV begrüßt die Bestrebungen des Referentenentwurfs, den Kassen weitere selektivvertragliche Optionen für Verträge mit nicht ärztlichen Leistungserbringern zur Verfügung zu stellen.

Mit der noch stärkeren Einbeziehung nicht ärztlicher Leistungserbringer in das Vertragswerk der Besonderen Versorgung wird die ursprüngliche Ausrichtung des § 140a SGB V auf Versorgungsaufträge für ärztliche Leistungserbringer in Praxis und Krankenhaus unter Beteiligung nicht ärztlicher Leistungserbringer weiter aufgeweitet.

Die DGIV spricht sich daher für eine gesetzessystematische Neuordnung der Verträge und Versorgungsaufträge aus.

Anderenfalls spräche vieles sogar für eine Verschmelzung der Besonderen Versorgung gemäß § 140a SGB V mit den Bestimmungen über die Modellvorhaben gemäß § 63 ff. SGB V. Es spräche dann mehr dafür, sich in § 140a auf alle besonderen, insbesondere integrierten Selektivversorgungsformen zu konzentrieren. In diesem Zusammenhang muss endlich auch das Problem der Auswertung der Projekte der Besonderen Versorgung gelöst werden. Es kann nicht angehen, dass der Öffentlichkeit wertvolle Erkenntnisse aus den Projekten der Krankenkassen vorenthalten werden. Den Kassen wie bei den Modellvorhaben schlicht eine Evaluierungspflicht aufzuerlegen, wäre allerdings ein neues gewichtiges Beschwernis für deren Bereitschaft zum Vertragsabschluss. Hier müssen bessere Lösungen, ggf. mit erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden.

V.

Die neue Bestimmung in § 140a Abs. 1 SGB V „Die Verträge können auch eine besondere regionale Versorgung beinhalten.“ ist zu unbestimmt. Auch die Begründung des Entwurfs bietet hier keine überzeugenden Aufschlüsse. Derzeit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass Verträge zur besonderen Versorgung auch auf „Regionen“ im Vertragsumfang erstrecken können. Besondere rechtliche Bestimmungen bestehen dafür aber nicht.

VI.

Auch die DGIV fordert, die Altverträge bestehen zu lassen. Das ist auch in der Historie der Integrierten Versorgung bisher so gehandhabt worden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein Neuabschluss aller bisherigen Verträge zwingend erfolgen muss. Die Besondere Versorgung beruht auf dem Prinzip des freien Kontrahierens. Die Vertragspartner müssen weitgehend darauf vertrauen können, dass die Verträge gerade auch längerfristig Bestand haben. Dieser Bestand muss geschützt werden.

VII.

Die Besondere Versorgung braucht als Selektivvertragsform mehr Versorgungsrelevanz. Insbesondere eine größere Verbreitung in der deutschen Versorgungslandschaft ist für die Besondere Versorgung die wichtigste Voraussetzung für die Leistung eines größeren Beitrages zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung.

Besondere Versorgung ist aber freiwillig, sowohl für die Kassen als Träger der Projekte, als auch für die beteiligten Leistungserbringer und selbstverständlich für die Patienten/Versicherten.

Eine Verbesserung der Versorgung, wie es der Referentenentwurf bereits in der Gesetzesbezeichnung vorsieht, muss in der freiwilligen Selektivversorgung deshalb immer auch über angemessene Anreize zur Vertragsteilnahme für die Beteiligten erreicht werden.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Wettbewerb allein keinen ausreichenden Anreiz in diesem Sinne darstellt. Für die Leistungsträger und –erbringer muss sich deshalb eine Teilnahme an der besonderen Versorgung auch in anderer Hinsicht lohnen. Der Referentenentwurf bietet hierfür noch keine überzeugenden neuen Argumente.

Insbesondere Zuteilungen aus einem „Innovationsfonds der anderen Art“ an die Krankenkassen zur zweckgebundenen Verwendung für innovative Projekte der Selektivversorgung könnten einen solchen neuen attraktiven Anreiz darstellen und der Selektivversorgung – zusammen mit weniger Restriktionen in den Rahmenbedingungen – neuen Schub verleihen.

DGIV-Stellungnahme zum TSVG-Änderungsantrag 6

DGIV-Stellungnahme zum TSVG-Änderungsantrag 6 der Fraktionen CDU/CSU und SPD (Verbot von Vereinbarungen, die bestimmte Diagnosen als Voraussetzung für Vergütungen vorsehen)

Seitdem 2016 TK-Vorstand Dr. Baas das Thema Verhinderung von Kodieranreizen in Kassenvereinbarungen über Diagnosevergütungen bekannt gemacht hatte, versuchen Regierung und Gesetzgeber, das System der Verteilung von RSA-Mitteln manipulationsresistenter zu machen.

Für die DGIV ist es selbstverständlich, dass hier Regelungslücken, die zum Schaffen von Fehlanreizen ausgenutzt werden könnten, beseitigt werden müssen. Für alle Leistungen der GKV gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Das muss gerade auch dort konsequent gewährleistet werden, wo den Vertragspartnern ein größerer Vereinbarungsspielraum eingeräumt wird als in der Regelversorgung.

Die im April 2017 mit dem HHVG in das SGB V eingebrachten Formulierungen und der Wortlaut des Änderungsantrages 6 sowie seine Begründung vermögen dennoch nicht zu überzeugen. Die DGIV kann zwar nachvollziehen, was mit den Gesetzesänderungen bezweckt werden soll, hält aber die gewählten Formulierungen – auch des neuen Änderungsantrages – immer noch nicht für gelungen, da damit auch Vergütungsvereinbarungen ohne jeden manipulativen Hintergrund im Rahmen von rechtmäßigen innovativen Versorgungslösungen, wie sie zum Teil schon über Jahre hinweg in der Selektivversorgung mit Versorgungsleben ausgefüllt werden, mit in Abrede gestellt werden.

Die nunmehrige Verbotsformulierung des TSVG-Änderungsantrages 6 „Vereinbarungen, die bestimmte Diagnosen als Voraussetzung für Vergütungen vorsehen“ trifft aus Sicht der DGIV immer noch nicht nur den Kern der Bestrebungen, nämlich die Verhinderung unerwünschter Manipulations- und Missbrauchsversuche, sondern eben auch viele gelungene Vergütungslösungen der Selektivversorgung, die keinerlei verwerflichen Gehalt aufweisen. Die gesetzlichen Änderungsvorschläge werden den vielschichtigen Inhalten der Begründung des Änderungsantrages und der Notwendigkeit der Absicherung frei kontrahierbarer Vertragsabreden zwischen Kassen und Leistungserbringern über die Vergütung medizinisch korrekter Diagnosestellungen, die zu keiner missbräuchlichen Mittelzuführung aus dem Gesundheitsfonds führen, nicht gerecht. Das gilt umso mehr, als mit der Antragsbegründung auch neue unbestimmte Termini eingebracht werden (u. a. Patientengruppen mit bestimmten Krankheiten, allgemeiner Krankheitsbegriff).

Es dürfte unstrittig sein, dass medizinisch korrektes Kodieren von Diagnosen nicht verboten, sondern geboten ist. Deshalb wird unverändert auch die Kodierpflicht im ambulanten Bereich gebraucht. Es kann daher auch nichts dagegensprechen, medizinisch korrektes Kodieren außerhalb der Regelversorgung zu vereinbaren und zu fördern. Missbrauch und Verwerflichkeit beginnt erst dann, wenn Abreden entstehen, die medizinisch unbegründete Kodierungen (mit dem Ziel der Erschleichung von Mitteln aus dem Gesundheitsfonds, auf die bei korrekter Kodierung kein Anspruch bestehen würde) belohnen. Diese und nur diese Tatbestände sollten durch eindeutige gesetzliche Formulierungen verboten werden.

Bei aller Erheblichkeit des Themas falscher Kodieranreize sollte man auch hier das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, die Auswirkungen für die Selektivversorgung und übrigens auch die strukturierten Behandlungsprogramme wären fatal.

Die DGIV schlägt vor, anstatt der umstrittenen Formulierungen in etwa folgende Regelungen aufzunehmen:

  • § 73 Abs. 7 S. 1 wird wie folgt gefasst:
    „Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die medizinisch nicht begründete Vergabe und Dokumentation von Diagnosen wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“
  • § 73b Abs. 5 S. 7 wird wie folgt gefasst:
    „Verträge bzw. Vertragsbestandteile, mit denen für medizinisch nicht begründete Kodierungen bestimmter Diagnosen wirtschaftliche Vorteile versprochen oder gewährt werden, sind unzulässig; die Pflicht nach § 295 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 1b S. 1 bleibt unberührt.“
  • § 83 S. 4 wird wie folgt gefasst:
    „Kassenindividuelle oder kassenartenspezifische Vereinbarungen, mit denen für medizinisch nicht begründete Kodierungen bestimmter Diagnosen wirtschaftliche Vorteile versprochen oder gewährt werden, sind unzulässig.“
  • § 140a S. 7 wird wie folgt gefasst:
    „Verträge bzw. Vertragsbestandteile, mit denen für medizinisch nicht begründete Kodierungen bestimmter Diagnosen wirtschaftliche Vorteile versprochen oder gewährt werden, sind unzulässig; die Pflicht nach § 295 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 1b S. 1 bleibt unberührt.“

Stellungnahme der DGIV zum Referentenentwurf des GKV-Versorgungsstärkungs-gesetzes (GKV-VSG) vom 21.10.2014

Der vorliegende Referentenentwurf enthält eine Reihe von Regelungen zur Umsetzung von im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode bereits formulierten Absichten.

Auch wenn der Entwurf in seiner Umsetzung des Koalitionsvertrages nicht alle Erwartungen erfüllt, verdient es Anerkennung, dass diese Bundesregierung offensichtlich stärker als vorangegangene bestrebt ist, mit ihrer Gesetzesreform einer nachhaltigen, systematischen und versorgungswissenschaftlich begründeten Konzeption zu entsprechen.

Der Schnittstellenbereich von ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung hat das meiste Potenzial zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität im deutschen Gesundheitswesen. Insbesondere mit seinen Vorschlägen über Gegenmaßnahmen bei Entstehung einer Unterversorgung, zur Qualifizierung des Entlassmanagements, zur Beseitigung der Überregulierung der Selektivversorgung und zur Förderung innovativer Versorgungsformen formuliert der Entwurf wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung in diesem Bereich.

Zugleich macht der Entwurf aber auch erneut deutlich, dass auf dem Weg bis zur Beseitigung der die gesundheitliche Versorgung hemmenden sektoralen Grenzen noch viele Hindernisse zu überwinden sind.

Vor diesem Hintergrund nimmt die DGIV zu ausgewählten Schwerpunkten des Referentenentwurfes für das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wie folgt Stellung:

1. Die Budgetbereinigungspflicht für in der Selektivversorgung erbrachte Leistungen sollte als „kann-Bestimmung“ für die Krankenkassen ausgestaltet werden.

1.1 Der Entwurf hebt die Pflicht zur Substitution der Regelversorgung für Verträge gemäß § 140a (neu) auf. Da die Substitution von ambulanten Regelversorgungsleistungen die Grundlage dieser Budgetbereinigung bildet, wird es auf Kassenseite – was die Aufwendung von Mitteln zusätzlich zur Gesamtvergütung betrifft – ohnehin eine Neubetrachtung diesbezüglicher Investitionen in Projekte der besonderen Versorgung gemäß § 140a SGB V geben. Dennoch würde die Budgetbereinigungspflicht immer noch ein erhebliches Hemmnis für Projekte darstellen, in denen ambulante Regelversorgungsleistungen Gegenstand der Versorgungsaufträge sind.

Deshalb haben sich bereits vor Veröffentlichung des Referentenentwurfes die Stimmen verstärkt, die als eine der erforderlichen Freiheiten der Partner dieser Verträge fordern, den Krankenkassen das Recht einzuräumen, projektkonkret frei entscheiden zu können, ob bzgl. der hier für ambulante Leistungen der Leistungserbringer gezahlten Vergütungen auf die Budgetbereinigung verzichtet wird oder nicht.

Die DGIV hat ihre dahingehenden Gedanken unter Punkt VI. ihres diesjährigen Positionspapiers “Stärkung der Integrierten Versorgung durch innovative Rahmenbedingungen” wie folgt formuliert:

VI. Budgetbereinigung der selektivvertraglichen Versorgung soll nicht mehr verpflichtend sein

Problem:
Beim Abschluss von Selektivverträgen müssen Vergütungszahlungen der Kassen an die Erbringer ambulanter Versorgungsleistungen gegenüber der Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVn) entsprechend bereinigt werden. Die Aufsicht verlangt demgemäß Vertragsergänzungen mit den KVn im Vorfeld der Selektivverträge.

Forderung:
Wegfall der Bereinigungspflicht für Krankenkassen und Ersetzung durch eine „Kann-Bestimmung“, hilfsweise: Befreiung von der Pflicht zur Bereinigung für die Anfangsphase von bis zu 4 Jahren, wenn aufgrund der Wirtschaftlichkeit des Projektes auf anderem Wege Einsparungen erzielt werden oder wenn der Aufwand der Bereinigung in keinem Verhältnis steht. Für eine Vereinfachung des Bereinigungsverfahrens muss die Möglichkeit zur Vereinbarungen von Pauschalen bestehen.

1.2 Mit der (weiteren) Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung in der Selektivversorgung würde das Thema der Budgetbereinigung zumindest auch für Krankenhäuser in den Fällen eine Rolle spielen, in denen diese (nunmehr) auch in die Selektivversorgung übernommene ambulante Regelversorgungsleistungen, die Gegenstand der Gesamtvergütung sind, übernehmen können.

Aber auch bei stationären Selektivversorgungsleistungen, die Gegenstand der stationären Regelversorgungsbudgets sind, ist das Bereinigungsthema schon angesprochen worden. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat allerdings zu diesen Themen noch keine eindeutige Position bezogen, sondern lediglich in seinem Sondergutachten 2012 u. a. auf folgendes verwiesen:
Fragen der Bereinigung sind auch von hoher Relevanz für den Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor. Eine unzulängliche Bereinigung im ambulanten Bereich kann die Entwicklung von sektorenübergreifenden Konzepten, insbesondere der integrierten Versorgung, erheblich behindern. Neben der Bereinigung der ambulanten ärztlichen Vergütung kann auch die Anpassung der Erlösbudgets von Krankenhäusern erforderlich sein, wenn z. B. durch Selektivverträge zuvor stationär erbrachte Leistungen von ambulanten Ärzten übernommen werden. Dieser Problemkomplex soll im Folgenden aber nicht thematisiert werden. (Ziff. 399)

Im Zusammenhang damit vermag der letzte Satz der Begründung des Referentenentwurfes zu § 140a Abs. 6 SGB V „Eine gesetzliche Bereinigungsregelung ist für stationäre Leistungen verzichtbar, da hier das Prinzip ‚Geld folgt der Leistung‘ gilt, d. h. bei verminderter Leistungserbringung vermindert sich auch das Krankenhausbudget.“ nicht zu überzeugen. Solange die Möglichkeit besteht, die Verringerung von Krankenhausleistungen in einem medizinischen Bereich des Krankenhauses durch Leistungserhöhungen in anderen Bereichen auszugleichen, dürfte die hier vorausgesetzte „Selbstbereinigung“ nicht funktionieren.

Ungeachtet dessen sollte auch eine etwaige Bereinigung stationärer Budgets für die Kassen lediglich als „kann-Bestimmung“ ausgestaltet werden.

2. Die besonderen Versorgungsformen gemäß § 140a SGB V (neu) sollten den Vertragspartnern auch neben der Integrierten Versorgung die Möglichkeit einräumen, den gesamten Schnittstellenbereich von ambulant und stationär selektivvertraglich zu erfassen.

2.1 Der Referentenentwurf hebt zunächst die §§ 73a, 73c, 140b, 140c, 140d auf und übernimmt ausgewählte, aber durchaus nicht alle Inhalte der Bestimmungen der §§ 140a bis 140d in eine neue Gestaltung des § 140a (neu).

Dabei werden im neuen § 140a die Strukturverträge gemäß § 73a und die besondere ambulante ärztliche Versorgung gemäß § 73c nicht ausdrücklich und unmittelbar im Gesetzestext – sondern lediglich in der Gesetzesbegründung – unter dem Begriff „besondere ambulante Versorgungsaufträge“ als mögliche Vertragsinhalte übernommen.

Nach allgemeinem Verständnis handelt es sich auch bei den Modellvorhaben gemäß §§ 63 ff. SGB V um integrierende Selektivversorgungsformen, die als besonderes Merkmal mit einer Evaluationspflicht und Pflicht zur Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse verbunden sind. Es besteht durchaus die Möglichkeit, diese Selektivversorgungsform gleichermaßen (mit) unter § 140a (neu) einzuordnen und in diesem Zusammenhang auch konkretisierende Vorgaben zur Evaluation der besonderen Versorgungsformen im Gesetz zu treffen.

2.2 Es ist festzustellen, dass jedenfalls das Gesetz den Begriff „besondere ambulante Versorgungsaufträge“ nicht definiert und klar abgrenzt. Daraus ergibt sich, dass unter diesem Begriff sehr viel mehr vereinbart werden kann, als Gegenstand der Verträge gemäß §§ 73a und 73c war.

§ 140a (neu) kann so verstanden werden, dass hier neben der um den möglichen Vertragspartner Kassenärztliche Vereinigungen ergänzten bisherigen Versorgungsform Integrierte Versorgung nunmehr auch jedwede ambulanten Versorgungsaufträge unter Maßgabe der Bestimmungen der Absätze 2 bis 6 in einer sehr weitgehend freien Vertragsgestaltung vereinbart werden können. Jedenfalls macht der Referentenentwurf für diese besonderen ambulanten Versorgungsaufträge keine weiteren inhaltlichen Vorgaben im Gesetz, auch nicht etwa unter Heranziehung ehemaliger Inhalte der §§ 73a und 73c.

Damit steht es den Krankenkassen frei, mit welchen Partnern der Verträge zur besonderen Versorgung gemäß § 140a Abs. 3 SGB V (neu) sie in welcher Art und Weise ambulante Versorgungsaufträge vereinbaren. Auch die ambulante spezialfachärztliche Versorgung könnte in ihrer gesamten bei Aufnahme dieses Versorgungsbereiches in das Gesetz vom Gesetzgeber ins Auge gefassten stationsersetzenden Dimension nunmehr in bi-bzw. multilateralen Verträgen unter § 140a SGB V abgebildet werden.

2.3 Die DGIV hat sich immer gegen die Überregulierung in der Selektivversorgung ausgesprochen. Deshalb begrüßt sie auch grundsätzlich diesbezügliche Verbesserungen im Gesetz. Es wurden bereits erste Kritiken an einer vermeintlich unklaren Formulierung des neuen § 140a laut, insbesondere was Grenzziehungen bei den „besonderen ambulanten Versorgungsaufträgen“ betrifft. Es sollten in diesem Zusammenhang von Anfang an neue Rechtsunsicherheiten vermieden werden. Die Geschichte der Integrierten Versorgung bietet durchaus Beispiele, in denen erst durch höchstrichterliche Rechtsprechung den Vertragspartnern in den einzelnen Projekten die Grenzen des Machbaren aufgezeigt worden sind. Für die Entwicklung der Integrierten Versorgung waren solche späten grundlegenden Erkenntnisse nach Jahren der Vertragsarbeit nicht gerade dienlich.

2.4 Nach Auffassung der DGIV sollte im Prozess der Überwindung der sektoralen Trennung ein gewisses Gleichgewicht bei der Einbeziehung der klassischen Vertreter der Hauptsektoren ambulant und stationär (vertragsärztlicher Leistungserbringer und Krankenhaus) gewahrt werden. Dieses sensible Gleichgewicht sollte absehbar auch unter veränderten Rahmenbedingungen aufrechterhalten werden. Es sollte eine weitgehende Ausgewogenheit des Zugangs zum jeweils anderen Sektor angestrebt werden, um nicht zusätzliche Widerstände im Prozess der Überwindung sektoraler Grenzen hervorzurufen und zugleich für die Annahme der damit verbundenen Veränderungen auf beiden Seiten ausreichende Anreize zu schaffen.

Derzeit ist festzustellen, dass den Krankenhäusern ein zunehmend stärkerer Zugang zum ambulanten Sektor eröffnet wird als den vertragsärztlichen Leistungserbringern der Zugang zum stationären Sektor. Dafür gibt es versorgungspolitische Gründe. Insbesondere das Problem der regionalen Unterversorgung spielt hier eine große Rolle.

Es gibt aber auch gute versorgungspolitische Gründe für eine Liberalisierung der Überwindung der Sektorengrenzen in der anderen Richtung. Mit einer Neufassung des § 140a sollte nicht nur weitgehende Vertragsfreiheit auf dem Gebiet der ambulanten Selektivversorgung geschaffen werden, sondern man sollte auch die bisher in der Regelversorgung nur sehr eingeschränkt genutzten Möglichkeiten zur Erbringung kurz-/teilstationärer Leistungen durch spezialisierte Praxiskliniken / MVZ / Facharztzentren in besonderen Versorgungsaufträgen verankern. Wie bereits der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in seinem Sondergutachten 2012 festgestellt hat, können derzeit in verschiedenen Fächern dieselben Behandlungen in unterschiedlichen Teilsystemen erbracht und gänzlich anders abgerechnet werden. „Die Vergütung stationärer Kurzzeitfälle liegt derzeit deutlich über der ambulanten Vergütung, wodurch für Krankenhäuser ein Anreiz zur Auslastung und zum Erhalt vorhandener stationärer Kapazitäten entsteht.“ (SVR Gesundheit, Sondergutachten 2012, Ziff. 384). Auch die ambulante spezialfachärztliche Versorgung hat die bei ihrer Einführung in der Gesetzesbegründung formulierten stationsersetzenden Ziele bisher nicht erreichen können.

2.5 Die DGIV hat in ihrem o. g. Positionspapier 2014 folgendes formuliert:

VIII. Anerkennung von MVZ/Facharztzentren/Praxiskliniken neben Krankenhäusern als Vertragspartner der Krankenkassen in zweiseitigen Selektivverträgen

Problem:
Die Regierungskoalition will zweiseitige Selektivverträge zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern einführen. Es ist sinnvoll, den Krankenkassen nunmehr auch mehr Spielraum und Flexibilität im Abschluss von (zweiseitigen) Selektivverträgen mit ausgewählten Leistungserbringern einzuräumen. Diese Verträge könnten sehr gut und effizient auch mit anderen Selektivprojekten verknüpft werden. In diesem Zusammenhang wird allerdings vernachlässigt, dass in Deutschland auch eine erhebliche Zahl von zumeist ambulant operierenden MVZ, Facharztzentren und Praxiskliniken besteht, von denen sich ein beträchtlicher Teil bereits auch als (Kern-) Leistungserbringer in Selektivverträgen, auch zur Integrierten Versorgung, engagiert. Nicht nur Krankenhäuser, sondern auch Gemeinschaften zur hochspezialisierten fachärztlichen Berufsausübung, die in der Regel auch die Voraussetzungen zur praxisklinischen Behandlung aufweisen, sind als – insbesondere stationsersetzende – Leistungserbringer in der Selektivversorgung geeignet.

Forderung:
Den Krankenkassen ist die Möglichkeit einzuräumen, über die derzeit bestehenden Selektivversorgungsformen hinaus Selektivverträge mit ausgewählten Leistungserbringern (auch in zweiseitiger Gestaltung) abzuschließen. Als Partner dieser Verträge sind auf Leistungserbringerseite in der medizinischen Versorgung nicht nur Krankenhäuser, sondern auch spezialisierte MVZ, Facharztzentren bzw. Praxiskliniken zuzulassen. Darüber hinaus ist eine Ausweitung dieser vertraglichen Freiheiten auf den Pflegebereich zu prüfen.

2.6 Da davon auszugehen ist, dass die vertragsärztliche kurzstationäre Behandlung von Patienten im Vergleich zu Kurzzeitfällen der Behandlung durch Krankenhäuser wirtschaftlicher ist und zudem auch gleichermaßen qualitätsgesichert erfolgt, sollte den Krankenkassen im Rahmen des § 140a nunmehr auch die Möglichkeit eröffnet werden, nicht nur „besondere ambulante“ sondern besser „besondere ambulante und kurzstationäre Versorgungsaufträge“ zu vereinbaren.

Das gilt umso mehr, als die Vergangenheit gezeigt hat, dass die durch das Gesetz eingeräumte Möglichkeit, eine solche kurzstationäre/praxisklinische Leistungserbringung im Rahmen der Integrierten Versorgung für vertragsärztliche Leistungserbringer unter Nutzung des stationären Zulassungsstatus von Krankenhäusern zu ermöglichen, aus naheliegenden Hinderungsgründen keine praktische Umsetzung gefunden hat.

3. Regelungen zu Medizinischen Versorgungszentren

3.1 Es ist erfreulich, dass der Referentenentwurf nunmehr die von der DGIV bereits in ihrem Positionspapier 2009 „Formen Integrierter Versorgung heute und morgen“ aufgemachte Forderung zur Abschaffung der Fachübergreiflichkeit als Voraussetzung für Gründung und Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren umgesetzt hat. Auch fachgleiche MVZ können wie alle anderen vertragsärztlichen Leistungserbringer wichtige Funktionen in ihrer Verknüpfung mit integrierenden Versorgungsformen wahrnehmen. Bezüglich der „Integrierten Versorgung unter einem Dach“ bilden sich zudem auch an anderer Stelle innovative Strukturen heraus.

3.2 Die Erweiterung des Gründerkreises der medizinischen Versorgungszentren auf Kommunen wird grundsätzlich begrüßt. Die Zukunft wird zeigen, wie sich die öffentlichen Träger dieser Einrichtungen im Wettbewerb positionieren werden und wie sie den Herausforderungen, die mit einer solchen medizinischen Versorgungsverantwortung verbunden sind, gerecht werden können. Mit dieser Neuregelung wird der Gründerkreis erweitert, jedoch nicht um die Träger, die bereits einmal bei Einführung der MVZ in das Gesetz zugelassen waren und später wieder ausgeschlossen wurden. Vor dem Hintergrund der Bemühungen, bestehenden oder drohenden Unterversorgungen im ambulanten Bereich zu begegnen, sollte eine solche Erweiterung jedoch zur Disposition stehen.

3.3 Der Forderung der DGIV nach Streichung des 3. Satzes in § 103 Abs. 4c SGB V (Privilegierung der MVZ in mehrheitlicher Ärzteträgerschaft im Nachbesetzungsverfahren) ist bisher nicht entsprochen worden. Das sollte nachgeholt werden.

4. Entlassmanagement

Insbesondere auch aus Sicht der Patienten war das bisherige Management der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Entlassung aus der stationären Versorgung verbesserungswürdig. Der Referentenentwurf versucht, diese Lücken zu schließen. Dabei ist es grundsätzlich richtig, die Managementverantwortung beim entlassenden Krankenhaus zu belassen.

Wie weit jedoch diese Verantwortung durch eigene Verordnungen oder durch Übertragung von Aufgaben auf einen weiterbehandelnden Vertragsarzt zur lückenlosen Anschlussbehandlung wahrzunehmen ist, ist noch nicht ausreichend scharf umrissen. Die Gesetzesbegründung formuliert in diesem Zusammenhang: „Trotz der erweiterten Kompetenzen der Krankenhäuser bleibt es grundsätzlich die Aufgabe der Vertragsärzte, die ambulante Versorgung der Versicherten nach einer Krankenhausbehandlung sicherzustellen.“.

Da sich die Ansprüche der Patienten beim Entlassmanagement weiter gegen das Krankenhaus richten sollen, sind hier die Regelungen zur diesbezüglichen Schnittstelle zwischen der Leistungserbringung durch Krankenhaus und Vertragsarzt (ggf. in der auf Bundesebene abzuschließenden dreiseitigen Rahmenvereinbarung) präzise vorzunehmen.

5. Innovationsfonds

5.1 Der Referentenentwurf begründet den Zweck der Schaffung des Innovationsfonds für innovative sektorübergreifende Versorgungsformen damit, dass der Fonds „zur Überwindung der sektoralen Begrenzung der Versorgung und zur Entwicklung neuer Versorgungsformen, die über die bestehende Regelversorgung hinausgehen, mit einem Finanzvolumen von 300 Millionen Euro jährlich geschaffen“ wird. Die Definition der hier zu fördernden Versorgungsformen („neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen und hinreichendes Potential aufweisen, in die Regelversorgung überführt zu werden“) fällt allerdings im Gesetz (§ 92a Abs. 1) eher unscharf aus.

Einerseits ist es nachvollziehbar, die Förderung integrierender Versorgungsformen nicht von vornherein durch zu viele begrenzende Regelungen in ihrer Versorgungsrelevanz zu beschränken, andererseits dürfen die gesetzgeberischen Vorgaben auch nicht zu beliebig sein, um überhaupt eine Versorgungsrelevanz zu erreichen. Die zur Förderung anstehenden Beträge sind so beträchtlich, dass sie allemal eine stärkere gesetzgeberische Zielführung rechtfertigen. Das Gesetz sollte deshalb hier noch weitere konkretisierende Vorgaben machen und auch zur Verfahrensordnung des über die Mittelvergabe entscheidenden Ausschusses Veranlassungen treffen, die besser als es der vorliegende Gesetzesentwurf derzeit hergibt auf die Umsetzung der o. g. Zweckbestimmung für die Einführung des Fonds Einfluss nehmen.

5.2 Noch ist fraglich, wie die erforderliche Unabhängigkeit bei den außerhalb des Rechtsweges im vom Entwurf vorgesehenen Vergabeausschuss zu treffenden Entscheidungen gesichert werden kann. Es könnte sich als problematisch erweisen, gerade hier im Gremium auch Gruppenvertreter der potenziellen Antragsteller einzusetzen. Wenn schon dieser Weg gewählt wird, sollten zumindest die Möglichkeiten staatlicher Einflussnahme auf in jeglicher Hinsicht ausgewogene, sachgerechte Entscheidungen angemessen ausgebaut werden. So sollte auch auf die vom Ausschuss zu verabschiedende Verfahrensordnung Einfluss genommen werden.

5.3 Die DGIV hat vor Veröffentlichung des Referentenentwurfes ihre Stellungnahme zum bereits vom Koalitionsvertrag vorgesehenen zukünftigen Innovationsfonds abgegeben. Weitergehende Positionen der DGIV sind dieser Stellungnahme unter

DGIV-Stellungnahme zum Innovationsfonds

zu entnehmen.

DGIV – Stellungnahme zum Innovationsfonds

Innovationsfonds unverzüglich praxiswirksam einrichten

DGIV-Gestaltungsvorschläge zur Förderung innovativer integrierender Versorgungsformen durch einen Innovationsfonds

I. Zur Ausgangssituation

Die DGIV hat sich in ihrem Positionspapier 2014 für die Stärkung der Integrierten Versorgung durch innovative Rahmenbedingungen ausgesprochen. Die Einrichtung eines Innovationsfonds kann aus Sicht der DGIV für den dringend benötigten neuen Anschub integrierender Versorgungsformen eine unterstützende Rolle einnehmen, ohne jedoch allein einen solchen Anschub gewährleisten zu können.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Inanspruchnahme von Mitteln des Innovationsfonds (300 Mio. Euro, die von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden; davon 225 Mio. Euro für Versorgungsleistungen, die über die Regelversorgung hinausgehen, und 75 Mio. Euro für Versorgungsforschung) müssen mit einer weiteren wesentlichen Liberalisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für innovative integrierende Selektivversorgungsformen einhergehen. Die Stagnation auf dem Gebiet integrierender Selektivversorgungsformen kann nicht allein durch die Einrichtung eines Innovationsfonds beseitigt werden.

In jedem Fall sollten deshalb die Krankenkassen und ihre Partner zukünftig in innovativen integrierenden Projekten über weitere neue Instrumente zur längerfristigen Finanzierung möglichst weitreichender Versorgungsaufträge verfügen. In diesem Zusammenhang sollten auch die diesbezüglichen Vorschläge des Sachverständigenrates Gesundheit in dessen Sondergutachten 2012 nochmals auf ihre Eignung zur Übernahme in novellierte gesetzliche Rahmenbedingungen hin geprüft werden.

Der G-BA erarbeitet seit Anfang des Jahres im Auftrag der Bundesregierung Rahmenbedingungen für die Einrichtung des Innovationsfonds.

Seitdem mehren sich Vorschläge aus allen Richtungen, wie man diesen Fonds einrichten und verwenden sollte. Von Seiten der Bundesregierung sind die Absichten zur Gestaltung des Innovationsfonds und der Zuständigkeiten und Verfahren bei dessen Inanspruchnahme bisher nicht offiziell weiter untersetzt worden.

Aus Sicht der DGIV ist es für eine rasche Umsetzung der im Koalitionsvertrag formulierten Absichten zum Innovationsfonds nicht zuträglich, dass die Bundesregierung bisher wenig staatliche Einflussnahme durch klare Vorgaben gegenüber der mit Entwurfsarbeiten in diesem Projekt beauftragten Selbstverwaltung ausgeübt hat. Die Vorgaben des Koalitionsvertrages lassen einen zu großen Spielraum für Interpretationen. Auch das Positionspapier der Bundestagsmitglieder Prof. Lauterbach und Spahn schafft hier nicht im erforderlichen Maße Klarheit. Die Bundesregierung sollte rasch konkretisierende Vorgaben für die gesetzgeberische Umsetzung dieser Absichten machen.

Die im Koalitionsvertrag formulierten Absichten sollten aber anderseits auch nicht von vornherein als „gesetzt“ hingenommen, sondern einer öffentlichen Diskussion unterworfen werden.

II. Vorschläge der DGIV

Zu den formulierten Absichten der Regierungskoalition, einen Innovationsfonds zu schaffen, ergeben sich aus Sicht der DGIV u. a. die folgenden Fragen:

1. Sicherung der Vergabegerechtigkeit

Wie sind „innovative sektorenübergreifende Versorgungsformen“ zu definieren?

Die Förderung sollte sich nicht nur auf sektorübergreifende, sondern auch auf interdisziplinär/fachübergreifende Versorgungsformen beziehen, weshalb empfohlen wird, sich hier nicht auf den Begriff „innovative sektorenübergreifende Versorgungsformen“ zu beschränken, sondern besser den Begriff „innovative integrierende Versorgungsformen“ zu verwenden.

Dabei sollte man sich auf Strukturen konzentrieren, die

  • sektorübergreifenden und/oder interdisziplinären oder fachübergreifenden Charakter haben,
  • Formen unmittelbarer medizinischer und/oder altenpflegerischer Patientenversorgung darstellen,
  • von vorn herein eine bestimmte Versorgungsrelevanz konkret nachweisen können oder als Pilotprojekt geeignet sind, eine Versorgungsform mit Versorgungsrelevanz herauszubilden und
  • als Zielstellung die nachvollziehbare Verbesserung der Effizienz oder Effektivität der Versorgung gegenüber herkömmlichen Versorgungsformen („Mehr“-Effekt) beinhalten.

Innovative integrierende Versorgungsformen können integrierende Selektivversorgungsformen, aber auch Individual-Versorgungsverträge, die in integrierende Strukturen eingebunden sind, und auch integrierende Versorgungslösungen innerhalb bestehender Strukturen der Regelversorgung (z. B. unter Anwendung neuer Techniken und Technologien) sein. Medizinische Produkte, Methoden, Verfahren u. a., die sich hierunter einordnen lassen, könnten in diesem Rahmen auch Anerkennung finden.

In diesem Zusammenhang ist ein Katalog zu erarbeiten, der zum einen Kriterien ausweist, nach denen die Antragsteller die Versorgungsformen vergleichbar zu beschreiben haben und der zum anderen bereits deutlich macht, nach welchen Entscheidungskriterien entschieden wird.

Zu den Kriterien sollten möglichst wenige weitere inhaltliche Einschränkungen erfolgen, um für innovative integrierende Versorgungsformen einen großen Spielraum zur Verbesserung von Effizienz und Effektivität der Versorgung einräumen zu können.

2. Sicherung der Anreizfunktion

Das Antragsverfahren zur Mittelvergabe aus dem Innovationsfonds muss durch eindeutige und verständliche Anforderungen gekennzeichnet sein, die den Aufwand der Antragstellung auf ein erträgliches Mindestmaß beschränken und damit in der Lage sind, eine möglichst hohe Akzeptanz und Resonanz bei den potenziellen Antragstellern hervor zurufen.

Das Spektrum der Beteiligten sollte möglichst das gesamte Gesundheitswesen umfassen, auch Bereiche der Gesundheitswirtschaft, die formell nicht als I.V.-Partner anerkannt sind. Der Innovationsfonds sollte nicht als Exzellenzinitiative verstanden werden.

Je größer der Anteil der objektiven Kriterien im Entscheidungsverfahren über die Mittelvergabe ist und je kleiner der Ermessenspielraum des Entscheidungsgremiums, umso höher dürften Akzeptanz und Resonanz auf Antragstellerseite ausfallen. Dadurch kann maßgeblich die Anreizfunktion des Fonds gewährleistet werden.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu klären, welche Mittel nach welchen Regeln in welchen Zeiteinheiten erlangt werden können und unter welchen Umständen ggf. eine Rückzahlungsverpflichtung besteht.

Diskutiert wird bereits die Frage, ob mindestens eine Krankenkasse an jeder Antragstellung beteiligt werden muss. Der Gedanke ist nachvollziehbar, da dadurch u. a. bereits eine Vorprüfung durch einen Versorgungsverantwortungsträger erreicht wird. Das lässt sich aber auch gewährleisten, in dem den Anträgen z. B. zumindest eine (unterstützende) Stellungnahme eines solchen Verantwortungsträgers (könnte auch eine KV sein) beigefügt werden kann.

Schließlich sollte das Vergabeverfahren so transparent wie möglich ausgestaltet werden.

3. Zuständigkeiten im Antrags-und Entscheidungsverfahren

Es ist fraglich, ob der G-BA, der bereits die Ausgestaltung des Innovationsfonds mit eher geringen Vorgaben von Regierungsseite auszuarbeiten hat, auch maßgeblich die Entscheidungsverantwortung bei der Mittelvergabe aus dem Fonds übernehmen sollte. Hier sollte besser auf ein Entscheidungsgremium gesetzt werden, das paritätisch

  • mit Vertretern der Qualitätsinstitute (AQUA / IQTiG und IQWiG),
  • mit einer Gruppe von Experten aus (Versorgungs-)Wissenschaft, Industrie, medizinischer und altenpflegerischer Leistungserbringung sowie
  • Vertretern der Gesetzlichen Krankenversicherung

besetzt ist.

Die Entscheidungsvorlagen könnten aus dem Kreis der vorgenannten Entscheidungsträger, ggf. aber auch durch Dritte oder unter Beteiligung Dritter erarbeitet werden.

Auch das Entscheidungsgremium zur Vergabe von Mittel aus dem Innovationsfonds bedarf einer Aufsicht. Hier könnte das BVA in Frage kommen.

4. Evaluation und Finanzierung

Geförderte Versorgungsformen sollten der Evaluationspflicht und Veröffentlichungspflicht der evaluierten Ergebnisse unterworfen werden.

Die Beantragung von Mitteln aus dem Innovationsfonds für sektorübergreifende Versorgungsformen sollte viermal jährlich möglich sein. Alternativ zum Innovationsfonds sollten weitere Finanzierungsquellen (z. Bsp. Private Equity) möglich gemacht werden.

Die Laufzeit der innovativen Versorgungsformen sollte nicht von vorn herein beschränkt werden; der Nachweis zur Verbesserung von Effizienz oder Effektivität der Versorgung sollte abhängig von den Erfordernissen an die Entwicklung/Reife des Projektes in der Versorgungswirklichkeit zeitlich festgelegt werden.

Zum Thema Förderung der Versorgungsforschung durch den Innovationsfonds erfolgt eine DGIV-Stellungnahme zu einem späteren Zeitpunkt.