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Bund/Länder-AG zur sektorenübergreifenden Versorgung

DGIV und GRPG sind sich einig: Wichtige Aufgaben wurden noch nicht angepackt!

(Leipzig, 2. Juli 2019) – Im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung haben die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen (DGIV) und die Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GRPG) am Dienstag in Leipzig die aktuellen Überlegungen der Bund/Länder-Arbeitsgruppe sektorenübergreifende Versorgung sowie die bisherigen Aktivitäten der Bundesregierung zur Überwindung der Sektorengrenze beleuchtet.

GRPG-Präsident Prof. Dr. Volker Ulrich kritisierte in einem kurzen Rückblick, dass die Integrierte Selektivversorgung bislang auf politisch flankierte Finanzhilfen angewiesen gewesen sei. Diese Systematik einer eigenständigen Projekt-Subvention müsse überwunden werden. „Solange wir die unterschiedlichen Finanzierungssysteme zwischen ambulant und stationär nicht hinter uns lassen, werden wir das Problem der starren Sektorengrenze nicht in den Griff bekommen“, so Ulrichs Überzeugung. Die Bund/Länder-AG habe sich hier den wesentlichen Fragestellungen noch gar nicht zugewandt. Ulrich betonte, dass sich die AG vorwiegend drei Erfordernissen widmen müsse: „Wir brauchen zunächst eine einheitliche Vergütungssystematik für ambulante spezialfachärztliche Versorgung und Hybrid-DRGs, dann eine stärkere Zusammenarbeit der stationären und ambulanten Bewertungsinstitute InEK und InBA und schließlich ein eigenständiges, sektorenübergreifendes Vergütungssystem unabhängig vom Ort der Leistungserbringung“, so die Überzeugung des GRPG-Präsidenten.

DGIV-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Stefan G. Spitzer bemängelte, dass das Thema der Integrierten Versorgung noch keine Rolle spielt. „Insbesondere an den Strukturen der Zusammenarbeit von Krankenhäusern und Vertragsärzten muss unbedingt gearbeitet werden“, so Spitzer. Wenn die Bund-Länder AG jetzt Versorgungsaufträge der Krankenhäuser erneut zur ambulanten Versorgung hin ausweiten wolle, brauche es auch Lösungen in der Gegenrichtung: „Auch der Zugang der Vertragsärzte/Praxiskliniken in den stationären Bereich ist längst überfällig“, so der DGIV-Vorstandsvorsitzende. Eine Bewährungsprobe für die Selbstverwaltung stelle der von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene „gemeinsame fachärztliche Bereich“ dar. Hier sieht auch der Referentenentwurf zum MDK-Reformgesetz die Vergabe eines Gutachtenauftrages durch die gemeinsame Selbstverwaltung vor, mit dem der Stand der medizinischen Erkenntnisse zu ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Leistungen untersucht werden soll. Mit Blick auf das Eckpunktepapier der Bund/Länder-AG mahnte Spitzer gleiche Wettbewerbsbedingungen für die beteiligten Leistungserbringer an: „Warum gibt es z.B. nur im Krankenhausbereich mit der dualen Finanzierung eine staatliche Förderung?“, fragt der DGIV-Chef. Ohne einen einheitlichen Ordnungsrahmen könne eine gleichgewichtige fachärztliche Versorgung, wie sie die Bund/Länder-AG vorschlage, nicht funktionieren, so Spitzers Überzeugung.

DGIV und GRPG sind sich einig, dass eine weitere Öffnung der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung vermutlich nicht geeignet sei, die Probleme in unterversorgten Gebieten zu lösen: „Die Situation, dass die ambulante Versorgung dünn wird, aber die Krankenhäuser ohne Mühe Kapazitäten erübrigen können, ist eher die Ausnahme“, so Spitzer und Ulrich. Grundsätzliche Probleme würde mit dem Vorschlag also nicht gelöst. „Außerdem,“ so die beiden Vorsitzenden, „wundert uns schon, dass die Bund/Länder-AG überhaupt keinen Bezug nimmt auf den überreichen Paragraphen-Dschungel, mit dem sich die Politik in den letzten 20 Jahren an der Sektorengrenze abgearbeitet hat.“ Dies sei im Auftrag des Koalitionsvertrages für die Arbeitsgruppe durchaus enthalten. Nun aber bestehe die große Gefahr, dass die Bund/Länder-AG die bisherigen Regelungen noch um weitere ergänzt. „Wenn das passiert, hat man schnell mit Zitronen gehandelt.“ so Ulrich und Spitzer. Man brauche auch eine Auseinandersetzung mit den bestehenden Strukturen im Schnittstellenbereich: diese Arbeit könne der Arbeitsgruppe auch die Selbstverwaltung nicht abnehmen.