Positionspapiere
Positionspapier: Die Kraft der Regionen in der Primärversorgung nutzen – für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit
Die Kraft der Regionen in der Primärversorgung nutzen – für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit
Gesundheits- und Pflegeversorgung sind Grundpfeiler für sozialen Zusammenhalt und Zukunftsfähigkeit. Doch Fachkräftemangel, demografischer Wandel und steigende Kosten setzen das System unter Druck. Regionale Unterschiede verschärfen die Lage. Auf der kommunalen und regionalen Ebene zeichnen sich Wege ab, um den Herausforderungen zu begegnen.
Zusammenarbeit als Schlüsselproblem
- Das System ist zu stark in Sektoren geteilt.
- Es fehlt an interprofessioneller Zusammenarbeit.
- Es entstehen Doppeluntersuchungen und unnötige Klinikaufenthalte.
- Besonders ländliche Regionen leiden unter Versorgungsengpässen.
- Chronisch Kranke und Pflegebedürftige brauchen koordinierte Betreuung.
Regionale Gemeinschaften setzen auf Vernetzung
Arzt-, Praxis-, Gesundheitsnetze und Gesundheitsregionen, in denen Ärzte, Kliniken, Pflege, Heilmittelerbringer, Kassen, Städte und Gemeinden, ggf. auch Pharma und Gesundheitstechnik patientenorientiert zusammenarbeiten, können:
- Versorgungslücken schließen,
- Abläufe effizienter gestalten,
- Prävention und Früherkennung zielgruppengerecht wirksam
- wohnortnahe Betreuung sichern.
Erfahrungen ’vor Ort‘ machen Mut …
Viele Projekte zeigen seit Jahren, dass Zusammenarbeit für Qualität und Wirtschaftlichkeit sorgt, wichtige Gestaltungsfelder dabei sind:
- integrierte Versorgung und Prävention,
- Case- und Care-Management,
- Telemedizin und digitale Plattformen,
- Ärzte- und Praxisnetze, Gesundheitszentren und neue Wohnformen.
… brauchen aber politischen Rückenwind
Trotz guter Ergebnisse scheiterten viele Modelle am fehlenden rechtlichen Rahmen, an mangelnden Mitteln und an einem schwachen politischen Rückhalt. Besonders schwierig ist der Weg von der (evidenzbasiert!) erfolgreichen Pilotierung in die breite Nutzung.
Leitgedanken dafür sind …
- Region als die Ebene für gesundheitliche und pflegerische Versorgung begreifen.
- Patientenorientierte Vernetzung entwickeln und erproben.
- Evidenzbasiert gelungene Lösungen verpflichtend in die Breite bringen
- Nicht nur Krankheit behandeln, sondern Prävention und Früherkennung stärken.
- Pflege und Altenhilfe sozialraumorientiert gestalten.
Konkrete gesetzgeberische Voraussetzungen sind zu schaffen…
… um die Region als Ebene für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung zu verankern, insbesondere:
- Quorumsregelung: Positiv evaluierte Selektivverträge mit > 50 % Krankenkassenbeteiligung müssen für Versicherte aller KK in der Region geöffnet werden.
- Leuchttürme endlich in die Versorgung überführen: Positiv evaluierte Innovationsfondsprojekte sind grundsätzlich in die Regelversorgung zu übernehmen statt dies nur zu empfehlen; Ausnahmen oder zusätzliche Anforderungen kann der Innovationsausschuss begründet beschließen, eine Klagemöglichkeit dagegen ist einzuräumen.
- Die Akteure im Gesundheitswesen vor Ort können per Regionalbudgets definierte Versorgungsaufträge von den Krankenkassen erhalten und über ein populationsbezogenes Budget finanziert werden. Anstelle einer leistungsabhängigen Vergütung werden andere Steuerungselemente wie Mengen- / Qualitätsziele vereinbart und überprüft, um Versorgung und Wirtschaftlichkeit zu sichern. So entstehen Anreize für präventives Handeln, interprofessionelle Zusammenarbeit und arztergänzende Leistungen wie Fallmanagement.
Die Herausforderungen in der Gesundheits- und Pflegeversorgung sind groß – doch die Lösungen liegen nahe: in den Regionen. Hier treffen Menschen, Strukturen und Bedürfnisse direkt aufeinander. Wenn wir die Kraft der Region nutzen, Vernetzung fördern und erfolgreiche Modelle verlässlich in die Fläche bringen, gewinnen alle: Patientinnen erhalten mehr Qualität und Nähe, Fachkräfte erfahren Entlastung, und das System wird wirtschaftlicher und zukunftsfähiger.
Jetzt braucht es den politischen Mut, die Region als tragende Ebene der Primärversorgung verbindlich zu stärken!
Stand: 18.09.2025, Ein gemeinschaftlicher Appell der „Kleeblatt“- Verbände:
ADA | Bundesverband der Arzt-, Praxis- und Gesundheitsnetze e.V.
BMC | Bundesverband Managed Care e.V.
DGIV | Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V.
NDGR | Netzwerk Deutsche GesundheitsRegionen e.V.
Transplantationsmedizin
Transplantationsversorgung: Neues Organ – und was dann?
“It is time to reposition transplantation not as a niche intervention, but as a strategic health system function—one that must align with global goals regarding NCDs, climate resilience, and pandemic preparedness.”
(The ESOT–Lancet Commission on Transplanta’on, The Lancet, 2025)
In Deutschland warten über 8.500 Menschen auf ein Spenderorgan – doch selbst nach einer erfolgreichen
Transplantation bestehen erhebliche Versorgungslücken. Die DGIV greift dieses Thema auf, weil gerade
die Nachsorge und die langfristige Begleitung bisher nicht im Fokus der politischen Reformagenda
stehen. Während die Debatte häufig auf die Erhöhung der Spenderzahlen fokussiert, werden die Bedarfe
nach erfolgreicher Organtransplantation zu wenig beachtet. Dabei erfordert gerade diese Phase ein
durchgängig integriertes, interprofessionelles und sektorenübergreifendes Versorgungskonzept. Es muss
das Ziel sein, integrierte Versorgungsansätze stärker in die Transplantationsmedizin einzubinden.
Dr. Michael Meyer, Generalsekretär DGIV e.V.
Notfallversorgung: Ansätze und konkrete Umsetzung in der Integrierten Versorgung
Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) präsentiert ein wegweisendes Positionspapier zur Reform der Notfallversorgung in Deutschland. Ziel ist es, auf die wachsenden Herausforderungen wie demografischen Wandel, Ressourcenengpässe und unzureichende Digitalisierung zu reagieren. Im Fokus stehen:
- Regionale und intersektorale Notfallversorgung: Verbesserung der Vernetzung zwischen ambulanten und stationären Akteuren.
- Digitalisierung: Einsatz von elektronischen Patientenakten und telemedizinischen Lösungen zur Effizienzsteigerung.
- Innovative Modelle: Pilotprojekte wie das Ärztenetz GOIN e.V. und das Klinikum Ingolstadt zeigen, wie zukunftsorientierte Lösungen praktisch umgesetzt werden können.
Das Papier gibt nicht nur Denkanstöße, sondern beschreibt konkrete Maßnahmen, die als Blaupause für eine landesweite Umsetzung dienen können.
Key Takeaways:
- Stärkung der Patientensteuerung durch digitale und organisatorische Innovationen.
- Einrichtung integrierter Notfallzentren (INZ) für eine gezielte und effektive Notfallbehandlung.
- Förderung regionaler Gesundheitszentren, insbesondere in unterversorgten Gebieten.
- Verbesserung der Versorgungsqualität durch sektorenübergreifenden Datenaustausch.
GenAI in Healthcare und Life Sciences
Ein sicherer Health-Datalake in der Cloud, kombiniert mit Generative KI (GenAI), kann die Medikamentenentwicklung und Versorgungsqualität erheblich beschleunigen, Kosten optimieren und gleichzeitig tiefere Einsichten liefern und damit die Qualität und Patientenwohl verbessern.
Das Gesundheitswesen ist geprägt durch eine Vielzahl heterogener, komplexer und sensibler Daten aus verschiedenen Quellen. Diese Daten stammen aus beispielsweise elektronische Patientenakten, medizinischen Bildern, Laborergebnissen, genetischen Tests, klinischen Studien, Versicherungsdaten, regulatorische Daten, aber auch Wearables oder sozialen Medien. Diese Daten haben einen hohen Wert für die Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Menschen, die Optimierung der Gesundheitsversorgung, die Förderung der medizinischen Forschung und Entwicklung sowie der Schaffung neuer Geschäftsmodelle im Gesundheitswesen.
Die moderne Geschäftswelt erlebt einen signifikanten Wandel durch die Integration Künstlicher Intelligenz (KI) in verschiedenen Sektoren, insbesondere im Bereich der Gesundheitsver-sorgung und des Managements von Lieferketten. Der vorliegende Artikel beleuchtet das Potential von GenAI am Beispiel der Medikamentenversorgung – mit Fokus auf die Ent-wicklung neuer Medikamente – und zeigt auf, wie sich dabei Effizienz und Effektivität steigern lassen.
Dazu gibt es bereits viele Veröffentlichungen – allerdings stets mit einem Siloblick bzgl. der eigenen Unternehmensdaten oder innerhalb der Pharmaindustrie. Die „Demokratisierung“ von Daten bietet darüber hinaus enorme Chancen für eine verbesserte Patientenversorgung und effektivere und effizientere Forschung und Entwicklung von Medikamenten. Der Übergang zu einem datengetriebenen Ansatz erfordert jedoch erhebliche Anstrengungen in Datenqualität, Datensicherheit und Verhinderung von Manipulierbarkeit von Daten sowie Interoperabilität von verschiedenen Datenquellen und IT-Systemen.
Mit dem im Mai 2024 verabschiedeten Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz, DVG) wurde ein wichtiger Meilenstein gesetzt, zum einen ein rechtssicherer Rahmen für die Digitalisierung geschaffen, zum anderen aber auch die Einführung der EPA, Einrichtung der E-Health Infrastruktur, DiGA, DiPA als auch der Aufbau und Betrieb des Forschungsdatenzentrums geregelt. Der rechtliche Rahmen ist also weitgehend gesetzt. Somit gibt es jetzt keine Argumente mehr zum ent-schleunigten Aussitzen von dringlich erforderlicher digitaler Transformation im Gesundheits-wesen im Allgemeinen und bei der Entwicklung neuer Medikamente sowie der Versorgungs-sicherheit mit Medikamenten im Speziellen.
Durch den Paradigmenwechsel im Gesundheitsdaten-Management durch Cloud und den Aufbau und die Nutzung von sogenannten Health-Datalakes können die Stakeholder im Gesundheitswesen die Herausforderungen der Datenintegration und -analyse meistern und gleichzeitig die Compliance und Verlässlichkeit der Daten gewährleisten bzw. darauf ver-trauen. Ein Health-Datalake ist eine Datenplattform, die eine umfassende Sammlung von Ge-sundheitsdaten aus verschiedensten Quellen wie Krankenakten, Sensordaten, klinischen Studien und vielem mehr integriert. Diese können zentral oder föderiert gespeichert werden. Damit können Gesundheitsdienstleister und aber auch die Pharmaforschung Erkenntnisse aus diesen Daten gewinnen, um die Patientenversorgung zu verbessern und neue Behandlungs-möglichkeiten zu entwickeln. Die Integration von Echtzeitdaten, neuen Datenquellen (z.B. Wearables oder genetischen Daten) und einer stetigen Weiterentwicklung der GenAI-Modelle eröffnet neue Möglichkeiten für personalisierte Medizin und verbesserte Prävention und Diagnose.
Neben den Vorteilen der GenAI-gestützten Transformation in der Gesundheits- und Pharmaindustrie, beleuchtet der Artikel auch bestehende Hindernisse und mögliche Handlungsempfehlungen zu einer erfolgreichen Vermeidung sowie für die Implementierung demokratisierter Daten und GenAI.
Konkret leiten sich für die DGIV folgende zentralen Forderungen ab, die im Kapitel 4 detailliert werden:
- GenAI als Innovationsmotor sollte in (öffentlichen) Ausschreibungen nicht nur zuzulassen, sondern stärker gefördert beziehungsweise aktiv gefordert werden.
- Die „Demokratisierung“ von Daten spielt eine entscheidende Rolle, um das Potential von GenAI noch stärker ausschöpfen zu können. Wir fordern deshalb, dass Daten innerhalb des Gesundheitssystems allen relevanten Stakeholdern einfach zur Verfügung stehen sollten, um fundiertere Entscheidungen zu treffen, Prozesse zu verbessern oder Innovationen voranzutreiben.
- Den Zugang zu führenden Technologien wie beispielsweise Cloud und KI-Plattformen gilt es zu fördern, mit dem Ziel: beste Technologie für bestes Ergebnis.
- Zur intersektoralen Nutzung von GenAI regen wir an, dass ähnlich dem Krankenhauszukunftsgesetz für Krankenhäuser öffentliche Mittel zum Anschub digitaler Vernetzung im Sinne von Health-Datalakes bereitgestellt werden. Damit sollen Erfahrungen gesammelt werden im Rahmen von Proof-of-Concepts (POCs) bei der Nutzung von GenAI zwischen Kliniken, in regionalen Gesundheitsnetzwerken sowie auch in Public-Private-Partnerships im Rahmen der Entwicklung neuer Medikamente zusammen mit der Pharmabranche.
- Für einen vereinfachten, standardisierten, kosteneffizienten Vergabeprozess empfehlen wir ein Finanzierungsangebot für Pilotprojekte zu schaffen, um Spezifika zu erarbeiten für Referenzarchitekturen für GenAI-Modelle und use-case-spezifische Lösungen sowie Geschäftsmodelle – Schwerpunkte sollten dabei sein:
- GenAI in regionalen Versorgungsnetzen
- GenAI zur Verbesserung der medizinischen Versorgung und der Entlastung des insbesondere medizinischen Personals
Aufbau von multimodalen Datenplattformen zur sektorübergreifenden Forschung und Nutzung von GenAI durch öffentliche und private Unternehmen. Vereinfachung des Zugangs zu Daten durch Data-Broker-Modelle
Vergütungsreform mit Ziel – JETZT
Impulspapier
Es herrscht Konsens, dass die Vergütungssysteme des deutschen Gesundheitssystems reformbedürftig sind. Die Zeit drängt nicht nur im Krankenhaussektor, wo sich die wirtschaftliche Lage dramatisch zuspitzt. Auch in der ambulanten Versorgung bilden EBM und GOÄ nicht das Geleistete ab und dürfen unter den Vorzeichen einer immer stärker sektorenverbindenden Versorgung nicht mehr isoliert betrachtet werden. Die Vergütung von Heil- und Hilfsmitteln ist ebenfalls nicht sinnvoll integriert. Was komplett fehlt, ist ein integriertes und einheitliches Vergütungssystem über alle Versorgungsbereiche hinweg, das auch einer integrierten Leistungserbringung den Weg ebenen würde.
Aktuell kommen im Bereich der Krankenhausvergütung durch die Regierungskommission häppchenweise Vorschläge zur Reform der DRG-Vergütung, zum Teil mit äußerst knappen zeitlichen Umsetzungszielen. Es fehlt aber an Klarheit, wohin die „Reform-Reise“ gehen soll. In anderen Versorgungsbereichen sind keine substantiellen Reformbemühungen erkennbar.
Persistente Corona-Effekte, ein sich weiter verschärfender Fachkräftemangel, extrem steigende Energiepreise und eine hohe allgemeine Inflation führen dazu, dass viele Einrichtungen und Leistungserbringende mit dem Rücken zur Wand stehen. Der Krisenmodus wird dabei zum Dauerzustand und zermürbt die Beteiligten.
Hier sind sporadische Interventionen, Testballons und andauerndes Vor- und Zurück nicht zielführend. Die Beteiligten haben dafür keine Kapazitäten und keine Reserven – weder zeitlich noch wirtschaftlich noch gedanklich. Vor allem fehlt aber auf dieser inkonsistenten Grundlage die Planungssicherheit, um tatsächlich in neue Versorgungswelten aufzubrechen. Kurzfristige Reparaturversuche helfen weder dem System noch den Akteuren. So würde zum Beispiel eine Umsetzung der von der Regierungskommission vorgeschlagenen Tagesbehandlung im Krankenhaus einen deutlich erhöhten Personaleinsatz, die Neugestaltung von Prozessen und die Schaffung geeigneter räumlicher Infrastruktur erfordern. Vor diesem Hintergrund ist die damit verbundene Absenkung der DRG-Vergütung eher kontraproduktiv, da entsprechende Kosteneinsparungen in den Krankenhäusern genauso wie eine Entlastung des Pflegepersonals im Regelfall unrealistisch erscheinen.
Was die Akteure benötigen, ist ein klares Zielbild, das wichtige Eckpunkte definiert, mit einer realistischen Zeitschiene. Vergütungsreform JETZT impliziert, dass ein strukturierter Reformpfad erarbeitet und umgesetzt wird. Dies ist zu trennen von ggf. notwendigen Nothilfen, die das kurzfristige wirtschaftliche Überleben sicherstellen.
Die Forderungen der DGIV sind deshalb:
- Für die Vergütungsreform ist ein klares Zielbild zu formulieren, das auch die Rollen der verschiedenen Akteure im Zuge einer neu strukturierten stationären, hybriden und ambulanten Versorgung definiert.
- Hierzu ist ein Reformpfad mit klaren Meilensteinen und einer realistischen Zeitschiene zu entwickeln, der ambitioniert sein sollte, aber allen Beteiligten eine realistische Chance muss, sich auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen.
- Die Reform muss auf eine integrierte Versorgung ausgerichtet sein und darf nicht an Sektoren- oder Vergütungssystemgrenzen halt machen. Wo sinnvoll, muss auch eine SGB-übergreifende Vergütung in Erwägung gezogen werden.
- Neu entwickelte Vergütungskonzepte müssen sich konsequent am Versorgungsbedarf orientieren und sollten dann dauerhafte Gültigkeit haben, um planungssicher die Strukturen entsprechend anzupassen.
- Wenn unterfinanzierte Bereiche bessergestellt werden, ist die Finanzierungsgrundlage klar zu benennen.
- Nothilfen müssen darüber hinaus sektorenunabhängig kurzfristig zur Verfügung gestellt werden.
Die aktuell sich abzeichnenden Maßnahmen sind gegenwärtig in keinerlei erkennbares Gesamtkonzepteingebettet. Insbesondere bei den geplanten Tagesbehandlungen erscheint der versprochene Nutzen mit Blick auf den intendierten Implementierungspfad unrealistisch. Die sektorenübergreifende Betrachtung, die beispielsweise auch praxisrelevante Fragen wie die des Erlaubnis- bzw. des Verbotsvorbehalts sowie der Bedarfsplanung klärt, fehlt.
Eine zukunftsweisende, tragfähige und die Sektoren verbindende Vergütungsreform kann nur mit den Leistungserbringenden gemeinsam erarbeitet werden. Die DGIV hat hierzu bereits im Positionspapier 2021festgehalten (https://dgiv.org/wp-content/uploads/2022/06/DGIV-Positionspapier2021.pdf):
„Unser aktuelles Gesundheitssystem zwingt sie [die medizinischen, heilberuflichen und pflegerischen Fachkräfte ebenso wie Krankenhäuser und sonstige Einrichtungen] derzeit dazu, sich nicht an einer erwünschten und vom Patienten erwarteten Versorgungsvernunft zu orientieren, sondern an einer fehlgeleiteten und bürokratisch überformten Verwaltungs- und Vergütungs-„Vernunft“. Es kann davon ausgegangen werden, dass Gesundheits-Profis ihre Patienten gut und angemessen (und vermutlich auch wirtschaftlich) versorgen wollen. (…) Viele Gesundheits-Profis haben längst innerlich gekündigt, weil ihnen im Laufe ihres Berufslebens sehr deutlich geworden ist, dass sich unsere Rahmenvorgaben für Verwaltung und Vergütung schon lange nicht mehr an den Erfordernissen einer patientenzen-trierten Versorgung orientieren.“
Die DGIV fordert, ausgehend von geeigneten Vergütungskonzepten und klaren Zielbildern künftig Versorgung gemeinsam zu gestalten!
Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V.
Der Vorstand
DGIV-Denkpapier #1/2022
Zügige Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems als Katalysator intersektoraler, interprofessioneller und interdisziplinärer Versorgung: Realität und Forderungen
Die medizinische Versorgung über Sektorengrenzen hinweg gilt seit Jahren bei den meisten Akteuren im Gesundheitssystem als entscheidend für die Weiterentwicklung der Patientenversorgung. Bereits vor der letzten Bundestagswahl hat die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. in einem vielbeachteten Positionspapier darauf hingewiesen, dass die Herausforderungen unserer Zeit ein diesbezügliches Umstrukturieren und eine deutlich engere Zusammenarbeit von Sektoren, Professionen und Disziplinen in Prävention, Diagnose, Therapie, Nachsorge und Pflege zwingend erfordern.
Neben anderen Optionen rücken dabei mehr und mehr die mit einer stärkeren Digitalisierung des Gesundheitssystems verbundenen Chancen und Möglichkeiten bei der Überwindung von Sektorengrenzen in den Mittelpunkt.
Das vorliegende Diskussionspapier zeigt auf, wie digitale Hebel eine quasi katalytische Wirkung entfalten können und welche Entscheidungen zu treffen bzw. Umsetzungen zu forcieren sind, damit Deutschland nicht noch weiter ins Hintertreffen gegenüber anderen Gesundheitssystemen gerät. Vielmehr könnte es sogar gelingen, dass sich unser Gesundheitssystem im internationalen Vergleich an die Spitze und vor allen Dingen zum Patientenwohl neue Maßstäbe setzen kann. Richtig genutzt wird die Digitalisierung zum entscheidenden Hebel bei der zügigen Umsetzung sektorübergreifender Versorgung.
Wir danken Herrn Dr. Markus Fuchslocher als Leiter des DGIV-Arbeitskreises „Digitalisierung der intersektoralen Versorgung“ und allen engagierten AK-Mitgliedern für diesen beeindruckenden Statusbericht, die Handlungsvorschläge und den insgesamt motivierenden Ausblick. Auf eine rege Diskussion der Vorschläge freuen wir uns bereits jetzt.
Positionspapier zur Bundestagswahl 2021
Das deutsche Gesundheitssystem im Aufbruch
Executive Summary:
Mit dem vorliegenden Positionspapier nimmt die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) Stellung zu den unzureichenden und komplizierter werdenden Rahmenbedingungen für eine am tatsächlichen Versorgungsbedarf orientierte Patientenversorgung und formuliert politische Grundforderungen für die kommende Legislaturperiode.
Nicht zuletzt hat die Corona-Pandemie gezeigt, mit welchen speziellen Herausforderungen das deutsche Gesundheitssystem zu kämpfen hat und wo – auch jenseits einer pandemischen Lage – die Schwierigkeiten einer kontinuierlichen, bedarfsgerechten Patientenbehandlung liegen. Medizinischer Fortschritt und demografischer Wandel haben bereits vor der Pandemie grundlegend neue Anforderungen definiert. Charakteristisch ist die Fokussierung unseres Systems auf die Akutversorgung, wie sie zu dessen historischer Entstehungszeit als der Normalfall gegeben war. Die Versorgung chronisch kranker Patienten, die heute dominierend für die Ausgabenstruktur der Krankenkassen ist, war in den Gründungsjahren des Rechtsrahmens, der dem heutigen SGB V entspricht, die Ausnahme. Heute ist sie die Regel. Doch sollte das Modell der integrierten, sektorenunabhängigen Versorgung auch in komplexen Lagen der Akutversorgung zwischenzeitlich längst Standard geworden sein. Doch auch davon sind wir noch weit entfernt.
Aus diesen Erkenntnissen leitet die DGIV folgende politische Grundforderungen für die kommende Legislaturperiode ab:
- Orientierung des Gesundheitssystems am konkreten Versorgungsbedarf vor allem chronisch kranker Patientinnen und Patienten.
- Vereinfachung des SGB V durch Formulierung eines eigenständigen Kapitels „für Menschen mit interdisziplinären, intersektoralen und interprofessionellen Behandlungsbedarf“.
- Freiheiten für die Versorgungsakteure und Vertragspartner zur Ausgestaltung und Weiterentwicklung regionaler Versorgungstrukturen am konkreten Bedarf vor Ort.
- Vereinheitlichung der Aufsichtssituation für alle Krankenkassen
- Streichung der Wirtschaftlichkeitsprüfung für neue Versorgungsansätze. Aufsichtsrechtliche Orientierung ausschließlich an evaluierten, patientenorientierten Ergebnissen.
- Weiterentwicklung der gemeinsamen Selbstverwaltung durch einen reformierten und erweiterten Gemeinsamen Bundesausschuss und durch gestärkte regionale Entscheidungsgremien.
- Bestandssicherung für alle bislang entwickelten und positiv evaluierten intersektoralen Versorgungsansätze.
- Etablierung einer allen Akteuren zugänglichen interoperablen digitalen Infrastruktur auf der Grundlage geschützter interner Kommunikationswege.
- Aufbau datenschutzrechtlicher Rahmenbedingungen, die die Patientensouveränität und die Patientensicherheit in den Mittelpunkt stellen.
- Etablierung integrierter Konzepte und Modellversuche zu einer gemeinsamen Grundausbildung aller akademischen Gesundheitsberufe.
Positionspapier 2020
Integrierte Versorgung im Schnittstellenbereich von ambulant und stationär stärken!
Eckpunkte:
- Das deutsche Gesundheitswesen hatte bisher im Corona-Jahr 2020 mannigfaltige Herausforderungen zu bestehen. Wie das gemeistert wurde, hat dem Land, seiner Administration und seinen gesundheitlichen Versorgungsstrukturen viel internationale Anerkennung eingebracht. Den durch die Corona-Krise verursachten Belastungen muss jedoch gerade auch im Gesundheitswesen durch eine effizientere und effektivere Versorgung begegnet werden.
- Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe sektorenübergreifende Versorgung ist bisher der Aufgabenstellung des Koalitionsvertrages nicht gerecht geworden.
- Trotz ihres großen Potenzials für eine effizientere und effektivere Versorgung werden derzeit integrierte Versorgungsstrukturen, die auf der Kooperation von Krankenhäusern und Vertragsärzten beruhen, nicht mehr weiterentwickelt.
- Die Besorgnis des Staates in Bund und Ländern über das unklare Schicksal unwirtschaftlicher Krankenhäuser führt zu unsystematischen, einseitigen Entwicklungsversuchen auf dem Gebiet der sektorenübergreifenden Versorgung.
- Mit Ausnahme des Wegfalls der Wirtschaftlichkeitskontrolle nach vier Jahren sind derzeit keine innovativen Entwicklungsabsichten der Bundesregierung für integrierende Selektivverträge bekannt geworden.
- Die Rückstände des deutschen Gesundheitswesens bei der Umsetzung des Prinzips „ambulant vor stationär“ werden absehbar auch von der derzeitigen Bundesregierung nicht beseitigt werden.
- Vermisst wird zunehmend eine konsequente Auseinandersetzung mit sektoralen Beharrungskräften in Staat und Selbstverwaltung.
- Das Fehlen von wissenschaftlich begründeten lang- und mittelfristigen Konzeptionen und Zielstellungen auf staatlicher Seite hemmt wesentlich die sektorenübergreifend zu koordinierende Digitalisierung im Gesundheitswesen.
- Die Aufgaben zur Ausschöpfung des großen Potenzials des Schnittstellenbereiches von ambulant und stationär für die Steigerung von Effizienz und Effektivität der gesundheitlichen Versorgung sind komplex und mit Widerständen starker Partikularinteressen behaftet. Nicht zuletzt durch die enormen wirtschaftlichen Belastungen der Corona-Krise wird immer deutlicher, dass der Staat nicht länger diese bereits seit Jahrzehnten bekannten Aufgaben auf kommende staatliche Verantwortungsträger und kommende Generationen der deutschen Gesellschaft abschieben darf.
DGIV-Positionspapier 2019 zur Zusammenarbeit von Krankenhäusern mit Honorarärzten
DGIV-Positionspapier zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen durch im Krankenhaus nicht fest angestellte Ärzte gemäß § 2 Abs. 1 KHEntgG (Kooperations-/Honorarärzte) nach den BSG-Entscheidungen vom 04.06.2019.
Positionspapier 2019 zur sektorenübergreifenden Versorgung
Die in den letzten Wochen verlautbarten Signale aus Bund und Ländern über bestehende Absichten auf dem Gebiet der sektorenübergreifenden Versorgung vermögen noch nicht zu überzeugen. Es wächst die Besorgnis, dass es wieder nicht gelingen könnte, nachhaltige Maßnahmen zum Abbau der Sektorengrenzen zu treffen. Unsere aktuellen Forderungen in 15 Punkten.
