Ein Paradebeispiel sind die immer weiter um sich greifenden Personalvorgaben im Sinne einer PpUGV bzw. einer PPP-RL. Ein Problem im Bereich der Pflege ist die mangelhafte Abbildung im Leistungsrecht, was dazu führte, dass die Pflege lange Zeit als reiner Kostenfaktor betrachtet wurde. Entsprechend wichtig sind regulatorische Maßnahmen, die sicherstellen, dass sie nicht auf ein absolutes Minimum reduziert wird, da dies (u.a.) zu mangelhafter Versorgungsqualität führt. In den letzten Jahren wurden zur Qualitätssicherung primär Strukturanforderungen definiert, konkret im Bereich der Pflege Mindestvorgaben die Personalisierung betreffend.
Diese sind sanktionsbewehrt. Ergänzt wurde dies durch das Pflegebudget, d.h. zu Lasten der GKV kann der Personalkörper aufgebaut und das Lohnniveau gesteigert werden. Der Eingriff war und ist massiv, bleibt an vielen Stellen jedoch problembehaftet. Die PpUGV zählt im Kern belegte Betten, der heterogene Pflegebedarf der Patienten bleibt unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Relevanz weiterer Professionen, das Zusammenwirken im Team, den Skillmix und Schulungsstand, die Qualität von Prozessen und vieles mehr. Nicht ohne Grund sind Graphen, die den Zusammenhang zwischen Ergebnisqualität und Faktoren wie Fallzahl oder Personalausstattung darstellen, regelhaft voluminöse Punktwolken und keine Perlenketten. Es gibt Einrichtungen, die mit üppiger Personalausstattung eine schlechte Qualität erreichen und das genaue Gegenteil davon.
Die PPP-RL versucht die Grobschlächtigkeit der PpUGV durch eine hochgradige Differenzierung zu überwinden, erzeugt dabei allerdings ein bürokratisches Monstrum, das mittlerweile zwar digital organisierbar, aber nur wenig mit der gelebten Realität im Versorgungsalltag kompatibel ist. Für die in den Startlöchern stehende PPR 2.0 ist vieles noch offen und zu regeln. Ein großes Potential für den täglichen Gebrauch liegt in einer verlässlichen Erhebung des individuellen Pflegebedarfs eines Patienten und damit der Reduktion von Über- und Unterversorgung im Pflegealltag. Es lauert jedoch auch hier die Gefahr, zwei grundlegende Probleme wieder zu reproduzieren: Der exklusive Fokus auf Strukturvorgaben und das Ausblenden einer faktischen Knappheit an Fachkräften bei gleichzeitiger Sanktionierung bei Nichterfüllung.
Ergebnisqualität differenziert messen
Schon seit Ewigkeiten werden Studenten im Studium damit gequält, dass Qualität multidimensional ist. Neben der Strukturqualität sind Prozessqualität und Ergebnisqualität ebenso wichtig, weitere Dimensionen kommen je nach Fragestellung hinzu. Insbesondere die Ergebnisqualität ist es letztlich, auf die es ankommt – schließlich begibt sich ein Patient nicht ins Krankenhaus, weil die Betten dort so bequem und die Mitarbeiter freundlich sind, sondern weil er gesund werden will. Natürlich ist Ergebnisqualität nicht einfach und selten perfekt zu messen. Aber nur das zu tun, was leicht messbar ist – z. B. Betten und Köpfe von Pflegekräften – greift aus vielen Gründen zu kurz. Einer dieser vielen Gründe ist die ungenügende Performance einer rein auf Strukturvorgaben basierenden Steuerung bei Knappheit. Die Hochrechnungen des DKI gehen davon aus, dass bei Umsetzung der PPR 2.0 rund 40 000 Pflegekräfte fehlen – auch bei Anwendung der PpUGV und der PPP-RL scheitert es häufig nicht am Willen, sondern an der mangelnden Verfügbarkeit geeigneter Kandidaten. Keine noch so radikale Schließung von Klinikstandorten kann dies kompensieren.
Wenn aber ein Indikator so gravierend an der Realität vorbei geht, verliert er unmittelbar an Akzeptanz und an Relevanz. Der politische Druck, Sanktionen auszusetzen wird so stark, dass diese kaum aufrecht zu erhalten sind. Wie wäre es zu erklären, dass die Glücklichen, die ein Bett erhalten haben, optimal versorgt werden, sich vor der Krankenhaustüre aber Wartelisten mit monatelangen Wartezeiten aufbauen und auf der Suche nach einer nicht abgemeldeten ZNA kreiselnde Rettungswagen die öffentliche Wahrnehmung prägen. Damit würde der Worst-Case eintreten: Die Strukturvorgaben ersatzlos zu streichen, führt nur zur nächsten Krise. Es braucht zeitnah (wie so häufig eigentlich schon gestern) die konkreten Umsetzungspläne für eine alternative Regulierung, die besser die Herausforderungen unserer Zeit adressiert.
Eine deutliche Verschiebung weg von starren, innovationshemmenden Strukturkriterien hin zu Indikatoren für die Ergebnisqualität würde sicherstellen, dass nicht am falschen Ende gespart wird. Zugleich ist der Weg offen, durch alternative Ansätze zu zeigen, dass beispielsweise auch mit weniger Personal unter bestimmten Voraussetzungen ein mindestens gleichwertiges Ergebnis erzielt werden kann. Pflegesensitive Ergebnisindikatoren existieren und sind keine abstrakte Zukunftsmusik.
Das Beispiel der Personalstrukturvorgaben lässt sich auf viele Bereiche im Gesundheitswesen übertragen. Es wird in der nächsten Legislaturperiode die Grundsatzfrage zu klären sein, mit welchen Steuerungsmechanismen die zahlreichen Herausforderungen angegangen werden sollen. Sich weiter im Klein-Klein zu verlieren und den Bürokratieaufwand zu maximieren stellt sicherlich keine zielführende Strategie dar. Indikatoren zur Ergebnisqualität können einen zentralen Baustein für ein Regulierungsmodell bilden, das zwingend notwendige Handlungsräume eröffnet und einen positiven Wettbewerb um Ideen und Konzepte eröffnet.