Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen (DGIV) hat sich am Donnerstag für regionale sektorenübergreifende Verantwortungsgemeinschaften in der Versorgung ausgesprochen. Ein von Prof. Thomas Schlegel vorgelegtes Gutachten zeigte jedoch, dass die Trennung der Sektoren durch das SGB V zementiert wird. Das Ziel müsse es sein, die sektorenübergreifenden Ansätze „von der Option zur Regel“ zu machen.
Zwar ist demnach im Sozialgesetzbuch V ein Leistungsanspruch für die Versicherten zur Kooperation der einzelnen Versorgungsebenen formuliert. Dieser Anspruch werde allerdings in den leistungsrechtlichen Teilen des SGB V letztlich nicht eingelöst. Die wenigen im SGB V vorhandenen sektorenübergreifenden und/oder interprofessionellen Ansätze seien überwiegend optional und keineswegs verpflichtend durch die Krankenkassen umzusetzen, heißt es in dem Gutachten, das dem änd vorliegt. Alle anderen Abschnitte würden in der Regelversorgung abgegrenzte Leistungserbringer und damit verbundene Sektoren adressieren und sich auf den Sektor und nicht die Versorgung nach medizinischer Indikation fokussieren.
„Was also der Gesetzgeber im Grunde weiß und als Aufgabe des Systems benennt, wird dann in den entsprechenden Ausführungsvorschriften nicht umgesetzt. Hier regiert nach wie vor die alte Kameralistik der Kaiserzeit,“ erläuterte Schlegel bei der Vorstellung des Gutachtens auf dem 21. DGIV-Bundeskongress in Berlin.
Aufgabe müsse es nun sein, die verschiedenen differenziert sektorenübergreifenden Versorgungsansätze, die das SGB V bisher vorrangig optional biete, von der Option zur Regel zu machen, und damit das Gesundheitssystem vom Kopf auf die Fü.e zu stellen. „Das sind wir nicht nur den Patientinnen und Patienten, sondern auch den Versorgungsprofis und letztlich den Versicherten schuldig, die letztlich dieses nicht mehr funktionale System finanzieren“, sagte er.
Nach Auffassung des DGIV-Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Eckhard Nagel eignen sich vor allem Regionen dafür, eine solche intersektorale, interprofessionelle und interdisziplinäre Versorgung umzusetzen. „Vor Ort werden die Verantwortungsgemeinschaften gebildet, die den jeweils tatsächlichen Versorgungbedarf in den Blick nehmen“, sagte er und forderte vom Bund eine Rahmengesetzgebung, die die Bildung entsprechender
Verantwortungsgemeinschaften als neues Paradigma der Regelversorgung ermöglicht. „Wir müssen uns von dem Gedanken befreien, dass zentral von Berlin aus geregelt werden kann, was sich in den Regionen mit ihren verschiedenen Akteursgruppen immer wieder anders darstellt“, unterstrich der DGIVVorsitzende. Hier gäbe es zwar punktuelle Ansätze in verschiedenen Teilen der Gesetzgebung, beispielsweise die Ambulant Spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b. Doch es seien keinerlei Ansätze erkennbar, diese Potentiale aufzugreifen und im Rahmen einer Bundesgesetzgebung zu systematisieren, so die Kritik.