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Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung kommentiert OECD-Bericht

Prof. Eckhard Nagel: „Ein bestürzendes Armutszeugnis für das deutsche Gesundheitssystem“

Berlin – Mit großer Beunruhigung und Sorge hat der gesamte Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) den OECD-Bericht „Health at a Glance: Europe 2024“ zur Kenntnis genommen. „Der Ausweis einer im EU-Schnitt unterdurchschnittlichen Lebenserwartung in Deutschland ist der evidente Nachweis für ein dysfunktionales Gesundheitssystem“, so der DGIV-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel. „Die zahlreichen Versorgungsbrüche im deutschen System kosten nicht nur Geld und treiben den Nachwuchs aus der Versorgung, sie kosten, wie wir jetzt sehen können, buchstäblich Menschenleben!“

Tatsächlich ist seit Jahrzenten bekannt – nicht zuletzt durch das Gutachten des Sachverständigenrates zu „Unter-, Über- und Fehlversorgung“ –, dass die medizinische und auch pflegerische Versorgung in Deutschland nicht mehr mit den an sie gestellten Herausforderungen Schritt halten kann. „Es ist nicht zuletzt der medizinische Fortschritt, der uns immer länger und häufig auch mit chronischen Erkrankungen leben lässt“, betont Nagel, „unser System scheint aber nicht dazu in der Lage zu sein, auf diese neuen Herausforderungen mit neuen und angemessenen Versorgungsansätzen zu reagieren.“ Ein bruchloses Versorgungskontinuum zwischen ambulant und stationär, zwischen ärztlichen und anderen heilberuflichen Professionen, zwischen Medizin und Pflege sei in Deutschland nach wie vor kaum zu realisieren. „Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung ist hier vor mehr als 20 Jahren angetreten, grundlegend neue Versorgungswege und -kooperationen aufzuzeigen, und der jetzt vorgelegte OECD-Bericht zeigt uns, dass die Strecke, die wir zurückzulegen haben, eher länger als kürzer wird“, so die Bilanz des DGIV-Vorstandsvorsitzenden. „Wir sehen daraus die Notwendigkeit, grundlegend neue Wege zu beschreiten und die Politik noch stärker auf ihre eigene System-Verantwortung hinzuweisen.“

Die DGIV wird sich daher im Rahmen ihres 21. Bundeskongresses am 28. November in Berlin mit einem Gutachten des Juristen Prof. Dr. Thomas Schlegel prominent zu Wort melden und eine Analyse vorlegen, an welchen Stellen die Sozialgesetzgebung selbst die Sektoren trennt. „Wir wollen mit diesem Gutachten darauf hinweisen, wo die politischen Verantwortungen liegen, unser nicht mehr zeitgemäßes deutsches System mit den modernen Grundlagen für eine intersektorale, interdisziplinäre und interprofessionelle Versorgung auszustatten. Die getrennten Welten der deutschen Sozialgesetzgebung müssen jedenfalls schnellstmöglich überwunden werden“, so Nagel.

Das Gutachten Prof. Schlegels mit dem Titel „Untersuchung der Regelungssystematik des SGB V zur Identifikation der Sektorentrennungsregelungen und Ausblick auf eine sektorenüberwindende Regelungsmechanik“ wird daher zentrales Thema des DGIV-Kongresses sein und in einem vertiefenden Workshop die gesundheitspolitischen Verantwortungsträger der kommenden Legislaturperiode mit fundierten politischen Handlungsempfehlungen ausstatten. „Wir hatten diese Roadmap schon seit längerem gesetzt, sehen jetzt aber durch den Ampel-Kollaps auf der einen und den heute erschienenen OECD-Bericht auf der anderen Seite, dass wir buchstäblich keinen Tag mehr zu verlieren haben, um unser Gesundheitssystem endlich so zu reformieren, dass es wieder den Patienten dient und den Gesundheitsprofis sinnvolle Rahmenbedingungen für ihre Arbeit zur Verfügung stellt“, so das Resümee des DGIV-Vorstandsvorsitzenden.

Informationen zum DGIV-Bundeskongress 2024 unter https://dgiv.org/veranstaltung/21-dgiv-bundeskongress/